Skip to main content Skip to page footer

Langsame Ankunft

Die Bildungs- und Begegnungsstätte „Transferraum Heimat“ hat zum Thema „Beheimatung“ ein Gespräch mit Teilnehmenden aus Breslau, Knappenrode und München geführt. Hierbei werden die individuellen Antworten auf die Frage deutlich, ob eine Beheimatung gelungen ist. Bleibt der Wunsch auf Rückkehr in die „alte“ Heimat nur solange erhalten, wie es äußerst unwahrscheinlich ist, über­haupt dorthin zurückkehren zu können?!

In sechs Essays wird daraufhin versucht, das Thema der Beheimatung näher zu beschreiben. Natalia Zarska setzt sich mit zwei Romanen auseinander, die den Prozess der „Aneignung“ der neuen Orte beschreiben: über ein Pogrom an der deutschböhmischen Bevölkerung und über Umsiedlungen in Polen. Für Pavel Novotny ist der Prozess der Beheimatung ein sinnliches Herumtasten in der eigenen Umwelt. Er versucht, seine Eindrücke mit Hilfe von Poesie oder Audiokompositionen zu verdeutlichen. Woj­ciech Kunicki nähert sich der Thematik mit Gedichten. Ulrich Fröschle setzt sich mit der Heimatlosigkeit des modernen Menschen auseinander. Jörg Bernig geht das Thema der Beheimatung von der sprachlichen Seite an. Er beschreibt, wie bestimmte Dialekte nicht mehr gesprochen werden. Die Nachkommen haben die alten Dialekte nicht mehr gelernt, „so werden sie zu dem, was sie in den slawischen Sprachen schon immer waren: Nemci – die Stummen“. Peter Becher geht schließlich auf die Frage der Beheimatung mit der Erzählung von Adalbert Stifter „Die Mappe meines Urgroßvaters“ ein. An diese Erzählung anknüpfend berichtet Becher über die Erfahrungen, die die Heimatvertriebenen machen mussten. Auch beleuchtet er die Situation der Tschechen, die die verlassenen Häuser übernahmen.

Deutlich wird, wie verwoben der Umgang mit der neuen Situation, mit dem Erfahrungshintergrund aus der alten Heimat ist, und wie auch geschichtliche Ereignisse das Erleben mit beeinflussen.

Dorothea Schroth

Jörg Bernig (Hg.): Langsame Ankunft. Sechs Essays und ein Gespräch über Beheimatung, Leipziger Universitätsverlag 2023, 105 Seiten, ISBN 978-3-96023-579-8, 19,00 €.