Berichte vom XXXIII. Brünner Symposium
Anfang April fand das 33. Brünner Symposium statt, bei dem sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die zukünftige Rolle der Kirche in Ost- und Mitteleuropa austauschten.
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Albert-Peter Rethmann ist es, der bei der Eröffnung des 33. Brünner Symposiums das Thema setzt: „Es geht um das Gelingen unserer Demokratie. Was können wir dazu beitragen, dass unsere Demokratie in Europa lebt?“, stimmt der Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde am Freitagabend die rund 160 Anwesenden im historischen Sitzungssaal des Neuen Rathauses auf die bevorstehenden zweieinhalb Tage ein. Es ist das Wochenende vor Ostern – traditioneller Termin des Brünner Symposiums, das 2025 vom 11. bis zum 13. April stattfand.
Die weltpolitische Lage als Chance?
Neben Albert-Peter Rethmann und Matěj Spurný, dem Vorsitzenden der Bernard-Bolzano-Gesellschaft, die das Brünner Symposium gemeinsam mit der Ackermann-Gemeinde organisiert, ergreifen bei der Auftaktveranstaltung in barockem Ambiente weitere Gäste das Wort. Neben Markéta Vaňková, der Oberbürgermeisterin von Brünn, Bettina Kirnbauer, der Botschafterin der Republik Österreich in der Tschechischen Republik, und Jiří Šitler, dem Botschafter der Tschechischen Republik in Wien, spricht auch Susanne Lindsay, die Leiterin der Kulturabteilung der Deutschen Botschaft Prag. „Die Klimakrise bedroht unsere Lebensgrundlagen, wir haben zunehmende mediale Echoräume, in denen eine diskursive Auseinandersetzung immer schwieriger wird, und Kriege in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Ich denke, dass gerade in einer solchen Zeit der Unsicherheit und des Umbruchs Institutionen mit einem festen Wertekanon, wie es die Kirchen sind, als Kompass für unsere Gesellschaft dienen können“, liefert die Vertreterin der Bundesrepublik Deutschland bei der Eröffnung einen ersten Impuls. Das Motto des 33. Brünner Symposiums: „Kirche und Politik in Ostmitteleuropa“.
Von Trump bis zum Abtreibungsrecht
Austragungsort des Brünner Symposiums ist das Hotel International. Im Konferenzsaal des Hotels werden alle Wortbeiträge abhängig von der redenden Person ins Tschechische oder Deutsche verdolmetscht. Höhepunkte des Wochenendes sind die Präsentation der Gewinnerbeiträge des symposiumseigenen Essaywettbewerbs „Braucht die Politik die Kirche? Braucht die Kirche die Politik?“, sowie ein Gottesdienst mit Bischof Pavel Konzbul in der Kathedrale St. Peter und Paul, und ein anschließender Empfang am Samstagabend. Auf und neben der Bühne wird gesprochen: über patriarchale Strukturen in der Kirche, über das Abtreibungsrecht und über US-Präsident Donald Trump sowie seinen Vizepräsidenten J.D. Vance, die ihre Politik immer wieder mit christlicher Motivistik zu legitimieren suchen. Die Diskutanten sind – unter anderem – der Schriftsteller Milan Uhde, der sich auf der Bühne zum „Traum über einen Kirchenstaat?“ äußert, genauso wie Jan Grolich (KDU-ČSL), der Hauptmann der Südmährischen Region, welcher am Samstagmorgen zur Frage „Was macht die Kirche zu einem politischen Akteur?“ auf der Bühne diskutiert und Schirmherr des diesjährigen Symposiums ist. Weitere Gäste sind exemplarisch Thomas Schwartz, der Geschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis, und Dr. Irme Stetter-Karp, die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.
Gemeinsam an die großen Fragen
Auch das Publikum wird in die Diskussionen einbezogen. Immer wieder wird das Mikrofon in die Besucherreihen gereicht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können aufstehen und ihre Fragen direkt in die Runde adressieren. Abschließende Antworten werden selten gefunden. Vielmehr sind es die Impulse, die viele der Besucherinnen und Besucher das Brünner Symposium jedes Jahr aufs Neue besuchen lassen: „Wenn ich mich nicht irre, ist es das sechste oder siebte Mal, dass ich hier bin“, erzählt Thomas Reinelt. Der 72-Jährige ist aus Goldbach angereist. Ein Teil seiner Familie lebt in Deutschland, der andere Teil in Tschechien. „Zum einen die Tschechische Republik, ein postkommunistisches Land mit einer ausgeprägten Säkularisation, zum anderen Deutschland mit einem zunehmenden Schwund an Kirchenmitgliedern: Was können wir von der tschechischen Gesellschaft lernen? Welche Rolle spielt Kirche in einem Staat, wo Kirche weniger Bedeutung eingeräumt wird? Der Titel war mir auf den Leib geschneidert“, lobt Reinelt den diesjährigen, in erster Linie kirchlichen Schwerpunkt. Es ist Samstagabend, am Rande des Empfangs in den angrenzenden Räumlichkeiten der Kathedrale St. Peter und Paul. Zu einigen der Fragen, die auf der Bühne besprochen wurden, hat Thomas Reinelt, der sich ehrenamtlich als Ethikberater im Gesundheitswesen engagiert, eine klare Meinung: „Ich denke, Kirche sollte Orientierung und Impulse geben. Gerade am Lebensanfang und am Lebensende, wo es um die existenziellen Fragen des menschlichen Lebens geht.“ Muss sich die Kirche ändern, um Bestand zu haben, so wie es eine der Finalistinnen des vorangegangenen Essaywettbewerbs in ihrem Beitrag forderte? „Ich glaube schon. Kirche sollte offen sein“, befindet Thomas Reichelt.
Viele neue Impulse
„Das Brünner Symposium ist für mich ein fixer Termin im Jahresablauf“, erzählt Wigbert Baumann, der ebenfalls bereits zum sechsten oder siebten Mal das Brünner Symposium besucht. Er ist zweiter Vorsitzender des Riesengebirgler Heimatkreises Trautenau und ist aus Würzburg angereist. Auch er teilt nach dem Haupttag am Samstag gerne seine Ansichten. Sollte die Kirche als politischer Akteur in Erscheinung treten, wie am Morgen im Konferenzsaal des Hotel International diskutiert wurde? „Ich bin immer dafür, denn wenig im Leben ist letztendlich unpolitisch“, bezieht Wigbert Baumann Stellung. Und ergänzt: „Das ist für mich immer ein Zusammenspiel: Kirche und Politik.“ Und auch Teilnehmer Tomáš Fénix, der in Südmähren, nahe der österreichischen Grenze, einen Biobauernhof betreibt und als Politiker (TOP 09) aktiv ist, hat das diesjährige Symposium mal wieder zum Nachdenken angeregt: „In Zeiten, in denen die christlichen Werte sehr oft von unchristlichen Menschen missbraucht werden, ist es ganz wichtig, dass wir unabhängig von Titel und Beruf, mit einer gemeinsamen Stimme sprechen“, nimmt Tomáš Fénix, mittlerweile ist es Sonntagvormittag, aus dem Wochenende mit.
Ein Beitrag zu einer pluralistischen Gesellschaft
„Was ist nun die Rolle von Staat und Kirche? Vielleicht ist das, was wir hier in diesen Tagen erlebt haben, ein Teil der Antwort: Dass wir hier einen Raum bieten, in dem unterschiedliche Standpunkte formuliert werden können. Das ist auch in diesem Jahr wieder das Brünner Symposium gewesen“, versucht sich Albert-Peter Rethmann an einem Resümee, als das 33. Brünner Symposium am Sonntagmittag zu Ende geht. Auf Nachfrage zeigt sich der Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde mit dem Verlauf der Veranstaltung zufrieden: „Diese Tagung bestärkt mich darin, dass wir als Veranstalter auf die richtigen Themen setzen. Nämlich darauf, wie wir in unseren Gesellschaften zusammenleben wollen und welche Perspektive wir als Christen einbringen können.“
Lennard Halfmann, LandesEcho
