Prof. Samerski - Böhmen in der Sozialdemokratie Schwedens

Im Rahmen der diesjährigen Vortragsreihe "Böhmen macht Weltgeschichte. Bekanntes und Unbekanntes" sprach Prof. Dr. Stefan Samerski am Montag, dem 20. Juni über den Einfluss Sudetendeutscher auf die schwedische Sozialdemokratie.

Ein weitgehend unbekanntes Kapitel erschloss Prof. Dr. Stefan Samerski am 20. Juni bei seinem Vortrag zum Thema „Böhmen in der Sozialdemokratie Schwedens“. Es ging um die sozialdemokratischen Sudetendeutschen, die mit dem Münchner Abkommen 1938 quasi über Nacht der Verfolgung ausgesetzt waren. Während in Böhmen viele Parteigenossen sofort verhaftet und in Lager abtransportiert wurden, gelang es einigen, sich ins Ausland abzusetzen. Neben England entpuppte sich dabei auch schnell Schweden als Anlaufort. „Es ging nur um einige tausend, die sich in einigen Städten sammelten“, so Samerski. Doch diese vernetzten sich nicht zuletzt mit einer eigenen Zeitschrift gut. Nach der Besetzung Norwegens fand der von dort geflohene Willy Brandt zunächst Unterschlupf bei dem in Nordböhmen geborenen Ernst Paul, der später Mitglied des Deutschen Bundestages wurde. Brandts skandinavische Jahre gelten als entscheidend dafür, dass aus dem links ausgerichteten, nach Revolution strebenden jungen Mann ein Sozialdemokrat der Mitte wurde. Nach dem Kriegsende blieben viele Exilanten in Schweden, andere gingen zurück nach Deutschland und bauten dort die Sozialdemokratie mit auf, wobei ihnen das Vorbild der skandinavischen Sozialdemokratie Inspiration war.