Warnung vor Populismus

Populistische Bewegungen sind in Europa eine neue politische Kraft. Ihr Wirken ist auf Angst und Misstrauen gebaut, darauf machte Martin Kastler, Bundesvorsitzender der Ackermann-Gemeinde und zugleich Europapolitischer Sprecher des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), in einem Beitrag in der vom ZdK herausgegebenen Zeitschrift „Salzkörner“ deutlich.

Christen seien aufgerufen, „nicht mehr nur zu beobachten und zu analysieren oder uns gar resigniert ins Private zurückzuziehen“, so Kastler. „Nein, wir sind gefordert aktiv Widerstand zu leisten, jeder an seinem Platz. Habt keine Angst!“.

Kastler schildert die politischen Stimmungen in Tschechien, der Slowakei und Ungarn, in denen er die Hanns-Seidel-Stiftung vertritt. Er konstatiert jedoch nicht nur in den 2004 beigetretenen EU-Mitgliedsländern eine Europa-Depression, auch in den Gründerstaaten wie Deutschland sei sie spürbar. „Von dieser negativen oder depressiven Europa-Stimmung profitieren rechtspopulistische Kräfte und Protestbewegungen und schüren sie gleichzeitig weiter.“ Gezielt werde durch Desinformationen und Fake-News das Vertrauen in Europa und eine liberale Demokratie erschüttert. Kastler zitiert den slowakischen Schriftsteller Michal Hvorecký, der auch mit der Ackermann-Gemeinde im Austausch steht, der in einem Spiegel-Interview kommentierte: „Jeder hat ein Recht auf seine eigene Meinung, aber nicht jeder hat das Recht auf seine eigenen Fakten." Der frühere Europaabgeordnete Kastler gibt sich besorgt. „Unser recht frisches 21. Jahrhundert ist schon heute geprägt von einer beginnenden Periode des Populismus.“ Dies werde ein Zeitalter des Egoismus und der Autokraten, das man „als Putinismus oder Trumpismus bezeichnen“ könnte. Das Modell sei denkbar einfach: „“Ich entscheide“, ohne Rücksicht auf demokratische Regeln und ohne die Einbindung von Opposition oder aktiver Zivilgesellschaft. Das Modell der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und des Multilateralismus wird in Frage gestellt und mit Nadelstichmethoden nach und nach beschädigt. Die Folge ist der Vertrauensverlust der Menschen in die gemeinsamen Werte, die sich in der Charta der Grundrechte widerspiegeln. Das künstlich erzeugte Misstrauen erzeugt Protest, der wiederum bei Wahlen Protestbewegungen und Radikale stärkt. So beschreibt Kastler die Situation.

Kastler fragt sich, inwieweit die Währungs- und Wirtschaftskrise in Teilen der EU das Wachstum extremistischer und populistischer Parteien beflügelt hat. Diese sei jedoch nur ein Auslöser für verschiedene, tiefer liegende Spannungen innerhalb der europäischen Gesellschaften, die seit langem ein Ventil suchen. Nach Kastler trügen die sozialen Ungerechtigkeiten in Europa dazu bei, dass in nahezu allen europäischen Staaten rechtspopulistische Parteien Erfolge hätten.   

ag

 

Artikel von Martin Kastler aus Opens external link in new windowSalzkörner 5/2018

Auf dem Bonner Marktplatz hielten die Mitglieder des ZdK Ende November ein Gebet für die Menschlichkeit. M. Kastler formulierte eine Fürbitte für Europa. (Foto: ZdK/Nadine Malzkorn)