Wanderausstellung „Europäischer Humanist Přemysl Pitter“ in Nürnberg eröffnet

Vor 35 Jahren starb Přemysl Pitter, eine Stele erinnert in Nürnberg an sein segensreiches Wirken. Die mittelfränkische Metropole ist auch die erste Station einer Wanderausstellung, die sich diesem Wohltäter widmet, der sich in schwierigen Zeiten für Kinder deutscher, tschechischer und jüdischer Herkunft eingesetzt hat. „Europäischer Humanist Přemysl Pitter“ lautet der Titel der Ausstellung der Ackermann-Gemeinde, die am letzten Freitag in der Kolpingakademie Nürnberg (Kolpinggasse 23 – 27) eröffnet wurde und dort bis zum 15. Juli zu besichtigen ist. Zudem setzt sich an diesem Samstag (9. Juli) von 10 bis 16 Uhr ein Seminar unter dem Titel „Přemysl Pitter – Ein Leben für Humanität, Frieden und Versöhnung“ ebenfalls in der Kolpingakademie Nürnberg mit diesem außergewöhnlichen Mann auseinander.

Als eine „Person, die durch festen Glauben und Mut in schwierigen Zeiten des 20. Jahrhunderts bedingungslose Humanität gezeigt“ habe, würdigte der Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde  Martin Kastler MdEP Přemysl Pitter. Dieser habe Hass und Fanatismus abgelehnt, und dafür Menschlichkeit und Humanismus gezeigt. Als erfreulich bewertete Kastler, dass auch die Tschechische Republik diese Ausstellung fördert, und damit auch die Aufarbeitung der jüngsten Geschichte. Der Bundesvorsitzende verwies auf Pitters soziale und pädagogische Tätigkeiten in der Tschechoslowakei und in Deutschland, auf dessen Bezüge zur Ackermann-Gemeinde und seine schon in den 50er Jahren in Beiträgen formulierten Vorstellungen von einem grenzenlosen Europa. „Pitter ist - wie die Ackermann-Gemeinde - ein Brückenbauer“, fasste Kastler zusammen und appellierte dazu, noch vorhandene Grenzen und Hemmschwellen in den Köpfen abzubauen.

Die Ausstellung erinnere nicht nur an Přemysl Pitter, sondern auch an die Zeit Mitte des 20. Jahrhunderts mit Elend hüben wie drüben, meinte der Honorarkonsul der Tschechischen Republik, Hans-Peter Schmidt, in seinem Grußwort. Er verwies auf den Aspekt des Vergebens, das im deutsch-tschechischen Verhältnis wichtig sei. „Wir Bayern sind den Tschechen näher als alle anderen Nachbarn, eine Jahrhunderte lange Erfolgsgeschichte wurde 1939 zerstört. Fast 50 Jahre wurden die Menschen in der CSSR von der kommunistischen Ideologie geprägt, während wir uns in der Bundesrepublik frei entfalten durften und den Wohlstand genießen konnten“, stellte der Honorarkonsul fest. Zu dem in der Ausstellung gewürdigten Mann meinte er: „Přemysl Pitter hat uns den Weg nach Europa gezeigt – und sich um die Schwächsten gekümmert, die Kinder, die unsere Zukunft sind.“ Schmidt nannte einige Zahlen und Fakten aus Pitters Tätigkeit im heutigen  Nürnberger Stadtteil Langwasser von 1952 bis 1960 (Betreuung von 4000 Menschen aus 28 Nationen) und hob aktuelle europäische Erfolgsmodelle wie etwa die Euregio Egrensis hervor. „Přemysl Pitter gab uns viele Beispiele. Tragen wir dazu bei, dass aus der deutsch-tschechischen Gemeinschaft und Nachbarschaft eine Freundschaft wird. Legen wir uns dafür alle kräftig ins Zeug“, appellierte Honorarkonsul Schmidt an die Besucher der Ausstellungseröffnung.

Über die Entstehung der Ausstellung informierte Dr. Markéta Pánková  von dem in Prag tätigen Pädagogischen Museum J.A. Comenius. Die Ausstellung ist ein gemeinsames Projekt ihres Museums mit dem Institutum Bohemicum (Kultur- und Bildungswerk der Ackermann-Gemeinde). In Nürnberg erfolgt die Umsetzung in Kooperation mit dem KEB Stadtbildungswerk Nürnberg e.V. Basis war eine Ausstellung zum 110. Geburtstag Pitters, die nun zur Präsentation für die deutsche Öffentlichkeit noch erweitert wurde. „Přemysl Pitter ist ein Beispiel für die Gegenwart“, schlug Pánková die Brücke zu heute und verwies auf die vielen Auszeichnungen für Pitter unter anderem in Israel, Deutschland und der Schweiz. Auch der frühere tschechische Staatspräsident Vaclav Havel habe Pitter 1991 posthum mit dem Masaryk-Orden gewürdigt. „Pitters Ideen verlieren nicht an Aktualität“, fasste Pánková zusammen. Weitere Stationen der Ausstellung werden München und Wien sein.

Folgenden Bereichen widmet sich die Ausstellung: Pitters erste Lebensjahre und seine „Berufung“; Přemysl Pitter als Pädagoge in der Zwischenkriegszeit; die Zeit der deutschen Okkupation nach 1939; die Zeit im Exil; Gedanken Pitters. Zum letzten Punkt verwies der Bundesgeschäftsführer der Ackermann-Gemeinde Matthias Dörr auf Pitters Äußerungen zur gemeinsamen Schuld und Verantwortung, zur Vertreibung der Deutschen und zur neuen Nachbarschaft von Deutschen und Tschechen.

Der Ochsenfurter Pianist Edgar Hellwig umrahmte die Ausstellungseröffnung mit Stücken aus verschiedenen Epochen und Ländern und ließ dabei zum Beispiel auch Werke deutscher und tschechischer Komponisten ineinanderfließen.

Markus Bauer

Das Foto zeigt (v.r.n.l.): AG-Bundesvorsitzender Martin Kastler MdEP, Dr. Lenka Lajsková (Pitter-Archiv, Prag), Direktorin Dr. Markéta Pánková (Pädagogisches Museum J.A. Comenius, Prag), Honorarkonsul der Tschechischen Republik Hans-Peter Schmidt, Bezirksrat Peter Daniel Forster.

Anmeldungen zum Seminar am 9. Juli in Nürnberg werden von der Ackermann-Gemeinde (Tel: 089-272942-0) entgegengenommen.

Ehrengäste der Ausstellungseröffnung