„Via Nova“ - ein europäischer Pilgerweg

Grenzübergreifende deutsch-österreichisch-tschechische Route auf den Spuren von Geschichte, Kultur, Natur und Religion

Zunächst einmal soll vorausgeschickt werden, dass die Natur allen Menschen gegeben worden ist, durch die sie sich seit Jahrtausenden auf Steigen, Pfaden oder Wegen bewegen. So auch in den Wald- und Berggebieten in der Mitte Europas. Vieler dieser Routen, auf denen Missionare, Händler oder Pilger und Wallfahrer gingen, haben bis heute überdauert und werden jetzt zumeist unter ihren Zwecknamen für Touristen benutzt, damit diese die Schönheiten der Landschaft, die Kultur und Bauten der hier niedergelassenen Menschen kennen lernen können oder aber auch traditionell zu geistlichen Zielen pilgerten. Seit dem Jahr 2000 ist eine weitere Route hinzugekommen, die auf alten Wegen Neues anbieten möchte.

Das Projekt nennt sich „Europäischer Pilgerweg" und trägt den Namen „Via Nova". Diese Route führt etappenweise dabei durch Regionen in Österreich, Niederbayern bis hinein nach Tschechien. Man könnte die „Via Nova" auch als Überbegriff bezeichnen, denn was lag für deren „Einrichter" dabei näher, als bereits vorhandene Angebote unter einem „Dach" unterzubringen, um damit gleichzeitig unterschiedlichen Interessenslagen und „Geschmäckern" gerecht zu werden. Wer sich schließlich auf den Weg begibt, ist auf der Suche nach der Vielfalt neuer Eindrücke und möchte gleichzeitig seinen Wissensstand erweitern oder ausbauen, vielleicht dabei auch spirituelle Kräfte sammeln auf einer Art „Pilgerweg durch die Zeit und die geographischen Räume."

Selbstverständlich sind die geleiteten Wanderungen nicht umsonst, dafür werden die Teilnehmer aber mit zahlreichen Eindrücken belohnt, neuem Wissen, aber auch neuen Bekannten, Gleichgesinnten. Gewisse Abschnitte der Wanderungen erfordern den Einsatz körperlicher Kräfte, Ausdauer und Durchhaltevermögen, aber Pausen, mit teils meditativen Sequenzen, stellen Energie und Leistungsfähigkeit schnell wieder her. - Selbst erlebt auf dem Abschnitt im Naturpark Bayerischer Wald/Böhmerwald zwischen Freyung und der tschechischen Grenze.

 

Die „Via Nova"

 

Die Initiative zur Einrichtung dieser Route geht zurück auf Hans Spatzenegger, den Bürgermeister von Seekirchen bei Salzburg, der anlässlich des Millenniumsjahres 2000 damit begann, seine Vorstellungen von einem europäischen Pilgerweg in die Tat umzusetzen. Dabei suchte er auch nach Partnern im Nachbarland Bayern, die er. in der Landvolkshochschule Niederalteich gefunden hat. „Nach einer mehrjährigen intensiven, grenzüberschreitenden Arbeit am Konzept und Gestaltung als Interregg 3a Projekt wurde der Neue Weg am 7. Juli 2005 in Aigen am Inn offiziell eröffnet." – Ursprünglich schlossen sich 58 Gemeinden in Österreich und 15 in Bayern zusammen, inzwischen kamen weitere bayerische Kommunen hinzu und ein Ast der Via Nova hat auch die bayerisch-tschechische Grenze bei Mauth-Finsterau im „Wald" erreicht. Von hier aus, dem tschechischen Bučina oder einstigen „Buchwald", führt die Route grenzüberschreitend weiter bis nach Přibram. Bis hierher – und danach weiter – zieht sich die Route von Freyung aus durch teils unberührte Landschaft auf teils bisher wenig bekannten touristischen Wegen. Der Name des Projektleiters ist Konrad Haberger, der die Via Nova im bayerischen Teil organisiert und für die verschiedenen Etappen lokale „Pilgerführer" gefunden hat, welche sich in ihren jeweiligen Abschnitten bestens auskennen und ihre Gruppen mit den jeweiligen Gegebenheiten vertraut machen können. Die Wegstrecken sind mit einem eigenen Via Nova-Logo betafelt, damit sich die Wanderer nicht verirren können.

Ein weiteres spezifisches Merkmal bzw. Erkennungszeichen der Route sind die Sitzsteine. Über ihre Bedeutung führte Konrad Haberger aus: „Sie sind ein Proprium der Via Nova. Sie erinnern zum einen daran, dass das Pilgern ursprünglich eine rauhe und ungemütliche, mitunter "steinige" Angelegenheit ist (oder war). Andererseits stellen sie einen Bezug zur Region her: Unsere Strecke Via Nova Bayerwald (Vilshofen bis Finsterau) läuft durch eine klassische Granit-Gegend. In Aicha, Nammering, Fürstenstein, Tittling usw. ernährte die Arbeit im Steinbruch Generationen von Familien. Darin ist die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Bedeutung dieses Boden-Schatzes für die Region dokumentiert. Die Sitzsteine am "Pilgerweg des 21. Jahrhunderts" wollen auch daran erinnern."

Eine weitere Frage wären die Kosten für das Projekt „Via Nova". Dazu war von Renate Liebl von der Touristinformation/Kurverwaltung Freyung folgendes zu erfahren: „Es handelt sich um ein Ziel 3- Projekt Freistaat Bayern – Tschechische Republik (Interreg IV) mit einem Gesamtvolumen von 520.000 Euro und gehört damit zu den kleineren Projekten. Unser bayerischer Teil hat einen Umfang von 305.000 Euro und der tschechische Partner hat 215.000 Euro eingestellt. Wir auf der bayerischen Seite sind 15 beteiligte Gemeinden am Weg' unter der Leadführung der Stadt Freyung (Initiative und Idee kommen von uns). Wir haben einen sehr gerechten Aufteilungsschlüssel der Kosten gefunden, es wird nach Einwohnerzahl und Anteil der Wegstrecke umgerechnet. Im Laufe des Projektes sind wir eine schöne Gemeinschaft geworden und wollen unseren Teil der Via Nova in eine gute Zukunft führen."

Wer also den Wald und die Leute dort eventuell einmal besser kennen zu lernen beabsichtigt, dem ist ein Besuch in Freyung und Umgebung, verbunden mit einem kleinen Aufenthalt, durchaus zu empfehlen - nicht etwa nur, um sich dort diverse Stempel bei den einzelnen Stationen für den eigenen „Pilgerpass" der Via Nova abzuholen, quasi als Belohnung für geleistetes „Wallfahren".

Vergessen sollte dabei trotz aller Begeisterung der Organisatoren der „Via Nova" allerdings nicht werden, dass diese Route keinesfalls alleine als „neuer Stern" unter den Pilgerwegen Europas betrachtet werden darf, der nur für christliche Wanderer alleine bestimmt wäre. Schließlich wurden die teils aus europäischen Töpfen stammenden Mittel ja von der Allgemeinheit der Steuerzahler aufgebracht, also auch von Nichtchristen und anderen „Ungläubigen". Diese könnten sich vielleicht ein wenig ausgeschlossen fühlen, wenn zu viel Betonung auf christlich-religiöse Aspekte alleine gelegt wird. Die Intention der in der „Via Nova" zusammengeschlossenen Kommunen dürfte wohl klar sein: möglichst viele Suchende und Interessierte zu animieren, ihren Wegabschnitt zu nutzen und dabei einige Tage in der Region zu verweilen. Immerhin belebten schon in der Vergangenheit Pilger und Wallfahrer die Geschäfte zahlreicher Gemeinden und trugen damit zum örtlichen Lebensunterhalt oft erheblich bei. Dies ist nicht unehrenhaft und die Gemeindeoberen werden heutzutage ja schließlich dafür auch gewählt, damit sie sich um das Wohlergehen ihrer Bürger sorgen. Man lockt daher die heutigen „Pilgerfahrer" besser mit eigenen Reizen und Vorzügen, bevor sie irgendwohin in weite Ferne ausbüchsen, um dort zur Prosperität anderer Regionen beizutragen, auf die man schließlich auch in Österreich, Deutschland und Tschechien einen Anspruch zu haben glaubt.

 

Karl W. Schubsky

(Dieser Text erschien zuvor auf der Internetseite www.nachbarnkennen.eu. Wir danken dem Autor sehr herzlich für die Möglichkeit, diesen Text auch auf unserer Internetseite zu publizieren.)

Mauthstein auf der Via Nova im Reschbachtal