Trauer um Pater Miloš Raban

Ackermann-Gemeinde und Junge Aktion trauern um Pater Dr. Miloš Raban.

„Zu den schönsten und traditionsreichsten Wallfahrtsorten Böhmens zählt die Marienkirche von Haindorf (Hejnice) im Dreiländereck Tschechien-Deutschland-Polen. 40 Jahre lang lagen Kirche und Kloster während der kommunistischen Zeit darnieder, die Gebäude verrotteten. Das Umland, seiner einstigen deutschen Bewohner beraubt, verwahrloste. Doch heute geht es wieder aufwärts – weil es Menschen wie Miloš Raban gibt, die sich mit dem Niedergang des lieblichen Landstriches nicht abfinden.“ Mit diesen Sätzen beginnt die Ankündigung des Films „Kirchturmgeschichten aus Haindorf - eine Wallfahrt in Böhmen" von Dr. Martin Posselt, die in der Sendereihe Stationen des Bayerischen Fernsehens im September 2009 ausgestrahlt wurde. In den Morgenstunden des 7. Januar verstarb Pater Raban im Alter von 62 Jahren nach einer schweren Krankeit im Kreiskrankenhaus Reichenberg/Liberec. Mit seinem Tod verlieren die jetzigen und ehemaligen Bewohner des Kreises Friedland (Frýdlant) einen Freund, die deutsch-tschechische Aussöhung einen starken Kämpfer und die Kirche der Tschechischen Republik eine engagierten Seelsorger und Organisator.

Professor Albert-Peter Rethmann, Geistlicher Beirat der Ackermann-Gemeinde, würdigt Raban als einen der Welt zugewandten Kirchenmann: „Er zeichnete sich aus durch gesellschaftliches Engagement, von einer Spiritualität, die vom Geist der Freiheit geprägt war, und den tiefen Wunsch nach Aussöhnung zwischen Deutschen, Tschechen und Polen“. Rethmann, der mehrere Jahre als Theologieprofessor in Prag lehrte, denkt gerne an die Begegnungen mit Raban zurück: „Er bleibt uns in Erinnerung als ein kommunikativer Mensch, der in Gott verwurzelt war und wir wünschen, dass all seine Sehnsucht in diesem Gott seine Erfüllung findet.“ Der Ackermann-Gemeinde war Raban seit 2001 als geistlicher Begleiter der Werkwochen in Haindorf und seit 2007 als Geistlicher Beirat ihres Jugendverbandes Junge Aktion eng verbunden. Sebastian Kraft, Bundessprecher der Jungen Aktion, stellt sein seelsorgliches Wirken in den Mittelpunkt: „In besonderer Erinnerung bleiben uns neben den unterhaltsamen Abenden vor allem seine geistlichen Impulse und Gottesdienste“. Mit viel Verständnis für Jugendliche und deren Themen habe er der Jungen Aktion seine Zeit gewidmet.

Miloš Raban wurde am 20. Juni 1948 in Christofsgrund (Kryštofovo Údolí u Liberce) als der älteste Sohn von insgesamt drei Kindern eines tschechischen Försters geboren. Das Abitur schloss er am Gymnasium in Jičín ab und studierte zunächst von 1966 bis 1971 Systemtechnik an der Technischen Universität in Prag. Nach dem Studium arbeitete bis 1977 im Forschungsinstitut für Arbeitsschutz. Seiner Berufung zum priesterlichen Dienst konnte er in der kommunistischen Tschechoslowakei nicht folgen. Kardinal František Tomášek ermöglichte 1977 jedoch, dass er nach Rom reisen konnte. Dort studierte er Theologie und Philosophie an der Lateranuniversität und promovierte zum Doktor der Theologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana. Auf Grund einer außerordentlichen päpstlichen Erlaubnis wurde er am 9. November 1985 in der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom zum Priester geweiht und für die Diözese von Leitmeritz (Litoměřice) bestimmt. Doch eine Rückkehr in die Heimat blieb ihm zunächst verwehrt. In den Jahren 1985 bis 1990 war er bei Frankfurt am Main seelsorgerisch tätig. Nach der Samtenen Revolution wurden die kirchlichen Strukturen neu aufgebaut. Der neu eingesetzte Bischof von Leitmeritz Josef Koukl bat ihn 1990, in seine Diözese zurückzukehren. Vom September 1990 bis zu seinem Tod war er als Pfarrer in Raspenau (Raspenava) und in Haindorf (Hejnice) tätig. Als volksnaher Priester, der auf die Menschen zuging, hatte er ein offenes Ohr für ihre Nöte. Als im Sommer 2010 das Hochwasser im Norden Tschechiens auch die Gemeinde Raspenau besonders traf, nahm er Familien in seinem Kloster auf. Selbst bei kirchenfernen Kreisen war Pfarrer Raban angesehen und gefragt, wie Einladungen zu Einweihungen von Fabrikhallen zeigten.

Die Wiederbelebungen der Wallfahrten nach Haindorf sind mit seinem Namen verbunden. Ihm gelang es, die Kirche innen und außen zu renovieren, so dass sie heute im alten Glanz erstrahlt. Er initiierte gemeinsam mit Herrn Bergmann, dass wieder deutsche Wallfahrer, zum großen Teil ehemalige Bewohner aus dem Kreis Friedland und ihre Nachkommen, am Wallfahrtstag an Mariä Heimsuchung jährlich zum 2. Juli in den Ort am Fuße des Nordhangs des Isergebriges kommen. Im Jahr 2010 konnte die 20. Wallfahrt gefeiert werden. Aus dem völlig heruntergekommenen ehemaligen Franziskanerkloster schuf er ein Internationales Zentrum für die geistliche Erneuerung, dessen Leiter er war und das vor wenigen Tagen den zehnten Jahrestag der Eröffnung feiern konnte.

Zu seinem vielfältigen Wirken gehörte auch seine Lehrtätigkeit an der Technischen Universität in Reichenberg (Liberec) seit 1995. Von 2005 bis 2008 bekleidete er gar das Amt des Dekans an der Fakultät für Naturwissenschaft, Sozialwesen und Pädagogik. Zugleich lehrte er auch an der Universität in Königgrätz (Hradec Králové). Für viele Jahre war er Vorsitzender der Tschechischen Gesellschaft für katholische Theologie. Die Synode der tschechischen Kirche von 1996 bis 2003 prägte er als Sekretär der Plenarversammlung. Im Rahmen der Diözese Leitermitz war er viele Jahre Bischofsvikar für Kirchenschulwesen und Ausbildung, Mitglied des Priesterrates und des Konsultorenkollegiums.

Am Montag, dem 17. Januar 2011 um 13 Uhr wird der Leitmeritzer Bischof, Jan Baxant, für Pater Miloš Raban in der Basilika Mariä Heimsuchung in Haindorf das Requiem feiern. Anschließend werden die Gebeine des Verstorbenen in der Gruft in der Basilika bestattet.

Requiescat in pace!

Matthias Dörr