Traditionelle Sudetendeutsche Wallfahrt nach Altötting: „Gott ist auch in der Not bei den Menschen“

Die Ackermann-Gemeinde und der Visitator für die Seelsorge an den Sudetendeutschen hatten am ersten Sonntag im Juli zur traditionellen Sudetendeutsche Wallfahrt in den bayerischen Marienort schlechthin, nach Altötting, eingeladen. In Tracht und zivil, mit Standarte und Banner, pilgerten hunderte Sudetendeutsche zur Gottesmutter in die Basilika St. Anna. Unter den Wallfahrern war auch der Sudetensprecher und Europaabgeordnete Bernd Posselt.

Auf die Geschichte dieser Wallfahrt ging die Vorsitzende der Ackermann-Gemeinde in der Diözese Passau Ilse Estermaier ein. Sie erinnerte an die erste große Wallfahrt hierher vor 65 Jahren, wo Abt Dominik Prokop OSB des böhmischen Klosters Braunau, welches im niederbayerischen Rohr eine neue Heimat fand, Zelebrant war. „Es war eine Wallfahrt in einer schweren Zeit, wo die Begegnung und die Bewältigung der Situation die Hauptaspekte waren“, erläuterte Estermaier in ihrer Begrüßung. Ebenso rief sie die 50. Sudetendeutsche Wallfahrt ins Gedächtnis, wo erneut ein Rohrer Abt, Abt Johannes Zeschick OSB, den Gottesdienst feierte und eine Votivtafel segnete, die bis heute am rechten Ausgang der Gnadenkapelle an die segensreiche Tradition der Sudetendeutschen Walfahrt erinnert. Der Dank für die erlangte Hilfe, Trost und der innere Frieden seien damals die Hauptfaktoren gewesen. „Die besondere Verbindung zu Rohr zeigt, dass heute Altabt Gregor Zippel OSB mit uns die Messe feiert“, freute sich die Diözesanvorsitzende und sah den Hauptinhalt der Wallfahrt im „Dank für 65 Jahre in Frieden und Freiheit“ und als zentrale Aufgabe, „Brücken zu schlagen im christlichen Geist zwischen Menschen und Völkern“.

Die Aussage aus dem Evangelium „Kommt alle her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid“ nahm Abt Gregor als Basis, auch den Verlust der Heimat in diesem Kontext zu sehen und in christlichem Geist sowie mit Gottes Hilfe damit umzugehen. Besonders die heute nur noch selten vorhandene Demut rückte er in den Vordergrund. „Güte und Demut ist vom Herrn zu lernen. Nehmen wir uns die Demut und Liebe Jesu zum Vorbild“, appellierte er an die Gottesdienstbesucher.

Bei der Marienfeier mit Totengedenken am Nachmittag erinnerte Monsignore Johannes Tasler, der Geistliche Beirat der Ackermann-Gemeinde in der Erzdiözese München-Freising, an die Menschen, „die mit uns unterwegs waren“, und an das Wort Jesu „im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen“. „Das ist Hoffnung für uns und Trost beim Denken an die Verstorbenen“, führte der Geistliche Beirat aus. Den Besuch Marias bei Elisabeth griff der Visitator für die Seelsorge an den Sudeten- und Karpatendeutschen, Monsignore Karl Wuchterl, auf. „Maria und Elisabeth haben geglaubt. Der Glaube geht weiter und tiefer, sie haben alles in einem anderen Licht gesehen“, führte der Visitator aus. Und dies gelte für alle Gläubigen – auch im Hinblick auf das Schicksal von Flucht und Vertreibung, das Wuchterl „eine menschliche Katastrophe“ nannte. „In ihrer Verzweiflung haben sie sich an Gott geklammert und die Kraft zum Weiterleben gefunden. Gott hat uns nicht allein gelassen. Er war auch in der Not, in der Erniedrigung, in der Verzweiflung bei uns. “ Monsignore Wuchterl sieht darin gerade die Bedeutung der Wallfahrten und religiösen Veranstaltungen unmittelbar nach der Vertreibung. „Daher geht unser Dank an Gott, dass er uns nicht in Stich gelassen, sondern eine neue Heimat und Zukunft geschenkt hat“, fasste Visitator Wuchterl zusammen.

Musikalisch begleitet von der Musikkapelle Altötting zogen die Wallfahrer nach der Andacht betend zur Gnadenkapelle, dem „Ort des Gebets und der Kraft“, wie Pater Werner Labus, der Wallfahrtskustos und Rektor der Basilika, in seiner Verabschiedung vor der Gnadenkapelle meinte. Dabei segnete er die Andachtsgegenstände und die Pilger und spendete den Reisesegen für eine gute Heimkehr.

Markus Bauer/ag

Die Wallfahrer auf dem Weg zur Gnadenkapelle