Sdružení Ackermann-Gemeinde feiert 10jähriges Bestehen

Mit einem bewegenden Festgottesdienst in Prag hat die Sdružení Ackermann-Gemeinde, die tschechische Schwestergesellschaft der deutschen Ackermann-Gemeinde, ihr zehnjähriges Jubiläum begangen. Die Aussöhnung zwischen Tschechen und Deutschen ist das erklärte Ziel des Verbandes, in dem mehr als 400 Tschechen organisiert sind. In seiner Predigt würdigte der Prager Kardinal Miloslav Vlk das Wirken der Sdružení Ackermann-Gemeinde, die seit ihrer Gründung wesentlich zur Vergebung und Versöhnung zwischen beiden Ländern beigetragen habe.

Erklärtes Ziel der Sdružení Ackermann-Gemeinde ist es, im christlichen Sinne den grenzüber-schreitenden Kontakt zwischen Tschechen und Deutschen zu fördern. Im Mittelpunkt dabei steht der Umgang mit den schmerzhaften Kapiteln des 20. Jahrhunderts, mit dem Münchner Abkommen und dem Einmarsch der deutschen Truppen auf der einen und der gewaltsamen Vertreibung nach dem Kriegsende auf der anderen Seite. „Es geht nicht darum, die anderen immer nur vom eigenen Recht zu überzeugen“, sagt Jaromír Talíř, Vorsitzender der Sdružení Ackermann-Gemeinde, „sondern es geht darum, die eigene Schuld anzuerkennen.“

Die tschechische Organisation arbeitet eng mit der deutschen Ackermann-Gemeinde zusammen. Die wurde bereits 1946 ins Leben gerufen, hinter der Initiative standen damals vor allem sudetendeutsche Christen, die vertrieben worden sind und sich schon während der Zeit des Kalten Krieges für eine Versöhnung einsetzten. Nach der politischen Wende kam es zu einer engen Zusammenarbeit mit zahlreichen Tschechen, die sich den gleichen Zielen verpflichtet fühlten. 1999 wurde dann der tschechische Verband gegründet – und schon der Name „Sdružení Ackermann-Gemeinde“ ist symbolisch gewählt: Die Bezeichnung Sdružení (Vereinigung) betont die Eigenständigkeit der tschechischen Organisation, während die Übernahme der deutschen Worte Ackermann-Gemeinde die enge inhaltliche Verbundenheit mit dem Schwesterverband ausdrücken.

Der heutige Vorsitzende der Sdružení Ackermann-Gemeinde, Jaromír Talíř, ist selbst ein gutes Beispiel für die Fortschritte, die bei der Aussöhnung inzwischen erreicht wurden: Er ist stellvertretender Kulturminister in Prag – und stammt aus einer Familie ohne deutsche Wurzeln. Zur Ackermann-Gemeinde ist er gestoßen, als er nach der politischen Wende zum Bürgermeister von Budweis (České Budějovice) gewählt worden ist. „Da habe ich mitbekommen, dass es immer noch offene Wunden auf beiden Seiten gibt“, sagt er. Die Ackermann-Gemeinde mit ihrem christlichen Weltbild bilde dabei „eine Plattform, die der Ausgangspunkt für eine Lösung der Probleme sein kann.“

Dass sich inzwischen viele Tschechen für die Aussöhnung einsetzen, die nicht selbst aus einer deutschsprachigen Familie stammen, ist kennzeichnend für die Entwicklung der vergangenen Jahre. „Auf lokaler Ebene ist eine Zusammenarbeit zwischen Tschechen und Deutschen längst ohne Probleme und ohne Vorbehalte möglich. Der eine Bürgermeister ruft seinen Kollegen jenseits der Grenze an und umgekehrt, das ist gang und gäbe“, sagt Jaromír Talíř. „Je höher aber die politische Ebene wird, desto vorsichtiger ist man bei Kontakten über die Grenze hinweg.“ Er selbst mit seinem hohen politischen Amt und viele der Bischöfe und hochrangigen Persönlichkeiten in der tschechischen Ackermann-Gemeinde zeigen allerdings, dass auch auf den höheren Ebenen inzwischen ein Umdenken stattfindet.

„Dass es Menschen gibt, die ihre eigene Schuld zugeben, sollte ein Zeichen für die Politiker sein“, sagt Helena Faberová, Gründungsvorsitzende der tschechischen Ackermann-Gemeinde. Stolz verweist sie auf die mehr als 400 Mitglieder, die der Verband gewonnen hat. Bei seiner Gründung waren es noch etwas mehr als 80 Mitglieder. „Vielen Tschechen ist die Organisation in Verbänden und Vereinen wegen ihrer nationalen Geschichte immer noch verdächtig – umso höher muss man diese Mitgliederzahl bewerten“, sagt Faberová.

Die Sdružení Ackermann-Gemeinde, deren Büro im Emaus-Kloster mitten in Prag gelegen ist, organisiert regelmäßig Seminare, Konferenzen und Bildungsfahrten. Eine neutrale Perspektive auf das Thema der deutsch-tschechischen Beziehungen will sie dabei bieten. Das ist als bewusster Kontrast zu den häufig populistisch verzerrten Bildern gedacht, die immer wieder in der Politik gebraucht werden. Die gute Partnerschaft zwischen den Nachbarn in der Grenzregion soll deshalb ins Blickfeld gerückt werden. Ein wichtiger Bestandteil der Verbandsarbeit ist zudem das Engagement für die Jugend: An den Reisen der Sdružení Ackermann-Gemeinde nehmen regelmäßig zahlreiche Interessenten teil, die jünger als 30 Jahre sind.

 

Zum 10jährigen Bestehen hat die Sdružení Ackermann-Gemeinde eine Festschrift herausgegeben. Diese wird auf dem Bundestreffen der Ackermann-Gemeinde vom 1. bis 4. August 2009 in Pilsen/Plzeň erhältlich sein.

Kardinal Miloslav Vlk | Jaroslav Talíř | Helena Fáberová