„Menschen, die am deutsch-tschechischen Zusammenleben mitgewirkt haben“

Zwei Ausstellungen im Mährischen Landesmuseum in Brünn/Brno über Dora Müller und Ernst Paul und deren Untertitel stehen symptomatisch für das deutsch-tschechische Verhältnis bzw. die gemeinsame Geschichte der beiden Völker: „Eine Deutsche aus Brünn“ bzw. „Wir müssen mit dem Vergeben beginnen!“ Die Eröffnung der beiden Ausstellungen bildete am Freitag vor dem Palmsonntag auch den Auftakt des 21. Deutsch-tschechischen Brünner Symposiums „Dialog in der Mitte Europas“, das sich heuer dem Thema „Unverstandene Nachbarn“ widmete.

„Weg zur deutsch-tschechischen Verständigung: „Dora Müller – Eine Brünner Deutsche“ und „Ernst Paul (1897-1978): Wir müssen mit dem Vergeben beginnen“ lautet der ausführliche Titel der zwei Ausstellungen im Mährischen Landesmuseum. Die Präsentation über Dora Müller hat das Landesmuseum selbst vorbereitet, die über Ernst Paul die Friedrich-Ebert-Stiftung.

Museumsdirektor Dr. Mag. Martin Reissner hob in seiner Eröffnungsrede den Einsatz der in den beiden Ausstellungen gewürdigten Personen für die „demokratischen Prinzipien von Bewohnern, deren Muttersprache Deutsch war“, hervor. Durch die Vermittlung der Kultur der deutschsprachigen Bevölkerung hätten Müller und Paul dazu beigetragen, dass das Leben und der Alltag dieser Gruppe der Öffentlichkeit bewusst gemacht wurde. „Es ist eine große Ehre für das Mährische Landesmuseum, dass der Nachlass von Dora Müller zu dessen Bestand gehört, und das Arbeiten und Wirken von Dora Müller vorzustellen“, freute sich Reissner und verwies auf die slawischen, deutschen und jüdischen Wurzeln Mährens.

Dass die Ausstellung über Ernst Paul auf einer Initiative des Archivs der Sozialdemokraten basiert, welche die Friedrich Ebert Stiftung dann umgesetzt hat, verdeutlichte Tamara Reisig, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Friedrich Ebert Stiftung in Prag. Die deutsche Fassung der Ausstellung hatte ihre Premiere in Berlin und war bzw. ist inzwischen in ganz Deutschland zu sehen. „Dann kamen wir auf die Idee, die Ausstellung ins Tschechische zu übersetzen und auch in Tschechien zu zeigen“, erläuterte Reisig. Erste Station war im November 2011 Aussig/Ústí nad Labem. „Wir sind stolz, sie Ihnen auch hier zeigen zu können“, lud sie zur Besichtigung ein.

Den „Schmerz, dass wir so verspätet dieser hervorragenden Personen gedenken“, drückte Senatsvizepräsident Dr. Petr Pithart aus. „Wir werden uns mit ihnen noch auseinandersetzen müssen“, regte er an und verwies auf weitere Zeugen der deutschen Minderheit, welche die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit – häufig auch konträr zu der vom kommunistischen Staat aufoktroyierten Meinung – beschrieben. „Es ist wichtig für uns, dass wir über unsere Vergangenheit nachdenken“, schloss Pithart sein Grußwort.

In diese Kerbe stieß auch der stellvertretende Hauptmann des südmährischen Bezirks Václav Božek. „Es ist sehr wichtig, dass wir diese Menschen noch einmal kennenlernen - Menschen, die am deutsch-tschechischen Zusammenleben mitgewirkt haben“, meinte Božek. Der Blick auf das beiderseits erlittene Unrecht sowie Vergebung könnten tragend sein für den Dialog zwischen den beiden Völkern. Der stellvertretende Hauptmann machte aber deutlich, dass die Nachkriegsgeneration an dem (Zufügen von) Unrecht keinen Anteil habe. Dennoch sei es wichtig, „die wichtigsten und schwerwiegendsten Ereignisse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht nur zu beschreiben, sondern auch die Gründe dafür kennenzulernen.“ Die Gefahr, dass Menschen manipuliert werden und Unruhen zwischen Ethnien bzw. Feindschaften geschürt werden, ist laut Božek sehr groß. Daher setzt er sich vor allem für ein „sozialgerechtes Europa“ ein, wozu auch die Ausstellung und das Brünner Symposium beitragen mögen.

Markus Bauer

Ausstellung zum Auftakt des Symposiums