Geschichte verbindet und trennt

Es ist einige Jahre her, dass die Jahreskonferenz des offiziellen Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums sich Fragen der Vergangenheit zugewandt hat. Allzu groß waren die Bedenken, die Fragen könnten die guten zwischenstaatlichen Beziehungen stören.

Diese Ängste waren unbegründet. Das hat die diesjährige Konferenz in Leitmeritz/Litoměřice Ende November gezeigt. Im Mittelpunkt stand die verbindende und trennende Erinnerungskultur. Nach dem Berliner Historiker Professor Arndt Bauerkämper braucht es mit Blick auf Geschichtsbilder für das gegenseitige Verständnis vor allem zwei Dinge: Empathie und Kenntnis. Dabei setzt er auf den Dialog der Zivilgesellschaft. „Gedächtnis ist immer selektiv“ und „es gibt kein Gedächtnis ohne Vergessen“, betont der in Warschau tätige tschechische Geschichtsprofessor Miloš Řezník. Dabei zeigte er am Beispiel eines Internierungslagers für Deutsche 1945 in Reichenberg/Liberec den „Prozess eines aktiven erfolgreichen Vergessens“ bei Zeitzeugen auf. Sorge bereitet ihm, dass das Bewusstsein für Geschichte abnehme. Die Ursache sieht Řezník darin, dass immer weniger darüber diskutiert werde, wie die Zukunft aussehen soll.

Der langjährige Direktor von Antikomplex Ondřej Matějka sieht in der Erinnerungskultur Tschechiens in den vergangenen 15 Jahren einen starken Wandel. Man gehe kritischer mit der eignen Geschichte um. Die Reflexion der eigenen Geschichte ist für Matějka der Ausgangspunkt für eine transnationale Erinnerung.

Der tschechische Diplomat Tomáš Kafka zeigte auf, dass die 1990er Jahre durch Befürchtungen vor den Folgen der Vergangenheit geprägt waren. Schuldeingeständnisse waren mit der Angst, sie könnten gegen einen selbst verwendet werden, verbunden. Erst durch die gemeinsame Erklärung hätte sich die Debatte geöffnet. Auch Landsmannschaftssprecher Bernd Posselt sieht Verbesserungen im Umgang mit der Geschichte trotz „vieler Verkrampfungen und Krämpfe“. Er benennt als Aufgabe des Gesprächsforums, diese zu lockern.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt MdB, deutscher Vorsitzender des Gesprächsforums, zog ein positives Fazit des Leitmeritzer Treffens. Er sehe im deutsch-tschechischen Verhältnis vielerorts die eingeforderte Empathie.

Den Abschluss bildete eine Diskussions- und Gedenkveranstaltung in Theresienstadt/Terezín. Im „Dachtheater“ des ehemaligen Ghettos ging es um die gemeinsame Pflege der sensiblen Erinnerungsorte.

Mit einem Klagepsalm beendete Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB und der tschechische evangelische Geistliche Dr. Zdeněk Susa vor einem Rundgang durch die Kleine Festung das Gedenken.

ag

Großes Interesse fand bei Bundesminister Christian Schmidt MdB<br/ >die Präsentation der Ackermann-Gemeinde bei der Jahreskonferenz