EU-Kommissar Špidla verurteilt politischen Mißbrauch von Ängsten

Ackermann-Gemeinde im Dialog bei der Deutsch-Tschechischen Jahreskonferenz in Heidelberg

Aktuelle deutsch-tschechischen Fragen und die Gestaltung der Europäische Union standen bei der Jahreskonferenz des Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums am 16. und 17. Oktober 2009 in Heidelberg auf dem Programm. In seiner Einleitungsrede wandte sich der tschechische EU-Kommissar und frühere Prager Regierungschef Vladimír Špidla gegen „Leute, die heute wieder mit der Angst arbeiten". Die Befreiung von der Angst brauche „den Mut zu moralischen Entscheidungen". Für die Integration Tschechiens in Europa benötige es von tschechischer Seite die Überwindung der außenpolitischen Vorkriegskonzepte und das Ablegen der Angst vor den Deutschen, so Špidla.

Ein „Infoforum Zivilgesellschaft bot auf der Jahreskonferenz deutsch-tschechischen Initiativen die Möglichkeit zur Präsentation. Die Ackermann-Gemeinde stellte aktuelle Projekte vor und berichtete von den positiven Erfahrungen des Bundestreffens in Pilsen. Im Gespräch mit Špidla am Stand der Ackermann-Gemeinde betonte der Bundesvorsitzende Ullmann, er glaube nach den positiven Erfahrungen von Pilsen und den vielen anderen Begegnungen in der Tschechischen Republik nicht, dass man mit der „deutschen Karte“ noch ernsthaft Politik in Europa machen und Mehrheiten in Tschechien gewinnen könne. Der EU-Kommissar schloss sich der Einschätzung Ullmanns an. Trotz der hohen Zustimmungsraten in den Umfragen gab Špidla dem aktuellen Agieren des Präsidenten nur eine Wirkungszeit von wenigen Wochen.

In der anschließenden Diskussion kritisierte Špidla Präsident Václav Klaus wegen seiner Blockade des EU-Vertrags von Lissabon. Tschechien manövriere sich innerhalb der EU in die Isolation, schwäche seine Position in bilateralen Verhandlungen und verliere Verbündete unter den Mitgliedsstaaten. Der EU-Kommissar schloss aus, dass der Lissabon-Vertrag Eigentumsansprüche der nach dem Zweiten Weltkrieg vertriebenen Sudetendeutschen rechtlich zulasse. Die Argumente von Präsident Klaus seien „heuchlerisch und leer“, so Špidla. Klaus hatte als Bedingung für seine Unterzeichung des EU-Vertrags eine Ausnahme bei der EU-Grundrechtecharta für Tschechien gefordert, um die Beneš-Dekrete als rechtliche Grundlage für die Vertreibung zu schützen. Tschechien ist das letzte Land der EU, das den Lissabon-Vertrag noch nicht endgültig ratifiziert hat.

Beim Deutsch-Tschechischen Gesprächsforum war die Ackermann-Gemeinde durch ihren Bundesvorsitzenden Adolf Ullmann, den Ehrenvorsitzenden Dr. Walter Rzepka und den Geschäftsführer Matthias Dörr vertreten. Vom Sozialwerk der Ackermann-Gemeinde nahm in Heidelberg Franz Olbert und von der tschechischen Schwesterorganisation SAG deren Vorsitzender Vizeminister Jaromír Talíř teil.

Špilda (re.) zeigt Interesse am Presseecho von Pilsen.