Elektrisierende Lebensgeschichte

„Das müssen die Leute heute lesen. Das könnte ihnen Mut machen.“ Mit diesen Worten legt die Autorin Sabine Dittrich den Gästen in Prag die Autobiographie von Přemysl Pitter ans Herz. Im Jahr 1970 erschienen Pitters Erinnerungen mit dem Titel „Unter dem Rad der Geschichte“. Nun ist dieses bedeutende Zeugnis zur Geschichte des 20. Jahrhunderts nach über vier Jahrzehnten in einer Zusammenarbeit zwischen der Ackermann-Gemeinde, der Schriftstellerin Sabine Dittrich, dem Nationalen Pädagogischen Museum in Prag und dem Neufeld Verlag in einer bearbeiteten Neuauflage erschienen. Im April wurde das Buch im Nationalen Pädagogischen Museum in Prag der Öffentlichkeit vorgestellt.

In seiner Autobiografie berichtet Pitter sachlich von seinem Leben. Seiner Wendung zum christlichen Glauben folgte mutiges und geschicktes Handeln, das für unzählige Menschen über viele Jahrzehnte zum Segen wurde. Mit seinem Wirken in der Zwischenkriegszeit, während der NS-Besatzung seiner Heimat und in der direkten Nachkriegszeit erwies er sich als großer Humanist, der sich um tschechische, jüdische und deutsche Kinder unabhängig ihrer nationalen Zugehörigkeit kümmerte. Besonders die „Aktion Schlösser“ verdient Bewunderung. Zunächst nahm er nach Kriegsende jüdische Kinder, die die Konzentrationslager überlebt hatten und meist Waisen waren, in seinen Kinderheimen auf. Diese waren Schlösser im Umkreis von Prag, die ihm hierfür von den staatlichen Stellen zur Verfügung gestellt wurden. Als Pitter die Zustände in den Internierungslagern für Deutsche erlebte, setzte er sich dafür ein, auch deutsche Kinder aufnehmen zu dürfen. Dies gelang ihm und so fanden mehrere Hundert deutsche Kinder Schutz in den Schlössern. Mit diesem mutigen Einsatz lebte Pitter bereits 1945 und 1946 die deutsch-tschechische Versöhnung vor.

Dittrich berichtete, wie Pitters Lebensgeschichte und seine Gedanken sie elektrisiert hätten, als sie zufällig bei einer Recherche im Sudetendeutschen Archiv auf seine Person stieß. Ihr war klar, seine Biographie sollten auch heute die Menschen erreichen. Für die Neuauflage gewann sie die Ackermann-Gemeinde. Matthias Dörr, Bundesgeschäftsführer des katholischen Verbandes, betonte in Prag: „Die Botschaft von Přemysl Pitter ist heute weiter aktuell.“ In seinem Buch führe er durch das 20. Jahrhundert. Dieses halte zahlreiche Beispiele bereit, wie Demokratie und Menschlichkeit verloren gehen könnten. „Er hat gezeigt, was möglich ist“, so Dörr. Er dankte und dem Nationalen Pädagogischen Museum in Prag, welches den Nachlass von Pitter verwaltet, und der Autorin für die gute Zusammenarbeit. Auch Dr. Markéta Pánková freut sich über die Neuerscheinung: „Sie tragen die Erinnerung an den christlichen Humanisten und seine Mitstreiter in die heutige Zeit.“

In Prag las die Autorin ausgewählte Passagen aus der Autobiographie und zog damit das Publikum in den Bann. Musikalisch umrahmt wurde die feierliche Veranstaltung durch ein Holzbläsertrio der Musikschule der Hauptstadt Prag unter der Leitung von Prof. Jan Hejhal.

Dittrich wird mit dem Buch in den kommenden Wochen gemeinsam mit der Ackermann-Gemeinde unterwegs sein. Auch auf dem Sudetendeutschen Tag in Augsburg und im Rahmen des Festivals „Meeting Brno“ in Brünn wird sie die Neuerscheinung und damit den europäischen Humanisten Přemysl Pitter präsentieren.

ag

 

Přemysl Pitter: Unter dem Rad der Geschichte. Autobiografie. Neu bearbeitet von Sabine Dittrich. 173 Seiten, 16 Seiten s/w-Bildteil. Herausgeber: Ackermann-Gemeinde. Neufeld Ver­lag. Schwarzenfeld 2017. 12,90 €.

ISBN: 978-3-86256-083-7. Erhältlich über den Buchhandel.

Sabine Dittrich freut sich mit Dr. Markéta Pánková (Direktorin des Nationalen Pädagogischen Museums), Matthias Dörr (Bundesgeschäftsführer der Ackermann-Gemeinde) und Dr. Lenka Lajsková (Pitter-Archiv) über die Neuerscheinung (v.l.).