Ein Brückenbauer wird 75: Bischof František Radkovský

Der Pilsner Bischof František Radkovský feierte am 3. Oktober seinen 75. Geburtstag. Er gehört zu den Menschen, die immer darauf hinweisen, dass die deutsch-tschechische Versöhnungsarbeit nicht nur ein einmaliger Akt sein darf. Dass es vielmehr darauf ankommt, zu erkennen, dass Versöhnungsarbeit unter Menschen wie Völkern eine bleibende Aufgabe ist. Ganz in diesem Sinne hat er als Bischof, in dessen Diözese viele ehemalige deutsche Pfarrgemeinden liegen, gewirkt. Als einen „vorzüglichen Wegweiser, Wegbegleiter und Brückenbauer“ bezeichnete ihn einmal Franz Olbert, langjähriger Generalsekretär der Ackermann-Gemeinde.

Aufgewachsen ist Radkovský, im ersten Kriegsjahr 1939 im Landkreis Iglau/Jihlava geboren, in der Region Teltsch/Telč. Zunächst wandte er sich den Naturwissenschaften zu und studierte von 1957 an der mathematisch-physikalischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag. Das Studium schloss er 1962 ab. Es folgte von 1962 bis 1964 der Militärdienst, anschließend die Leitung eines Pädagogischen Instituts. Mit dem Eintritt ins Leitmeritzer Priesterseminar im Jahr 1966 entschied er sich für einen neuen Dienst. 1970 war die Priesterweihe und es folgten dann zwei Jahre Kaplanszeit in Marienbad/Mariánské Lázně. Danach übernahm er die Pfarrgemeinde „Kreuzerhöhung“ in Franzensbad/Františkový Lázně. Als nach der Samtenen Revolution die vakanten Bischofsstühle wiederbesetzt werden konnten, wurde er von Papst Johannes Paul II. zum Prager Weihbischof ernannt und am 7. April 1990 von Kardinal František Tomaschek zum Bischof geweiht. Sein gewählter Leitspruch lautet: „Wir haben an Liebe geglaubt!“ 1993 kam es zur Gründung der Diözese Pilsen/Plzeň. Radkovský wurde der erste Bischof des neuen westböhmischen Bistums. Die Aufgaben, die ihn dort erwarteten, waren nicht wenige. Es ging um den Aufbau einer überaus schwierigen Diözese in einem stark säkularisierten Umfeld. „Hirte auf steinigem Feld“ brachte es der Titel eines biographischen Gesprächs mit ihm auf dem Regensburger Katholikentag auf den Punkt. Mit dem Aufbau der Diözese war er gefordert und voll in Anspruch genommen. Doch er meisterte diese Aufgabe, da er direkt auf die Menschen zuging und ein glaubwürdiger Seelsorger ist. Dabei zeigte er auch große Offenheit gegenüber den vielen Heimatvertriebenen, die nach der Wende zu ihren Heimatkirchen kamen, um dort Gottesdienst zu feiern und sich aktiv für den Wiederaufbau der oft verfallenen Kirchen einzusetzen.

Bei unzähligen deutsch-tschechischen Wallfahrten feierte er die Heilige Messe. Er trat in seinen Predigten stets für Verständigung und Versöhnung zwischen Tschechen und Deutschen ein, besonders zwischen den Menschen, die von den furchtbaren historischen Ereignbissen des 20. Jahrhunderts betroffen waren und noch betroffen sind. Mit seinen Worten berührte er die Herzen der deutschen und tschechischen Gläubigen. Er trug dazu bei, dass Wunden heilen konnten. Beispielhaft sei ein großer Gottesdienst im Rahmen eines Regensburger Diözesantags der Ackermann-Gemeinde 1997 in Neutraubling genannt. In der überfüllten Kirche wurden die Ausführungen seiner Predigt mit großer Aufmerksamkeit verfolgt: „Ich möchte im Namen meiner Nation alle um Verzeihung bitten, die vertrieben wurden,“ so seine Worte an „die Landsleute“. Er bat aber auch um Verständnis, dass sich der Versöhnungsprozess in seiner Heimat durch die Indoktrination der Kommunisten, die die Sudetendeutschen als Feinde dargestellt hatten, erst mit 40-jähriger Verspätung langsam einstellte. Für Christen, so sagte er, sei es aber Pflicht, sich zu versöhnen.

Ein weiteres herausragendes Ereignis mit hoher Symbolwirkung war das Jahrtausendgedenken an den heiligen Adalbert. 1997, am Pfingstmontag, brachte Radkovský die Reliquie, den Schädel des heiligen Adalbert, nach Deutschland. Im Rahmen der Tausendjahrfeier wurde die Kopfreliquie des Heiligen zur Verehrung in Kirchen und einzelnen Pfarreien ausgesetzt. So wurde das Haupt des heiligen Adalbert auch in die Grenzregionen, nach Budweis/České Budějovice und Pilsen gegeben. Bischof Radkovský ist es zu verdanken, dass in die Verehrung des heiligen Adalbert auf Empfehlung der Ackermann-Gemeinde hin auch Bayern und damit der deutsche Katholizismus einbezogen wurde. Radkovský wünschten sich, dass die Reliquie zu einer Brücke zwischen Ost und West werde. Und er hoffte, dass Adalberts Fürsprache zur Versöhnung zwischen den Völkern in ganz Europa beitrage. So ermunterte er die Gläubigen in der überfüllten großen Basilika, so wie Adalbert nicht nur Brücken zu bauen, sondern auch selbst Brücke zu sein.

In diesem Sinne wirkt er auch in der offiziellen Partnerschaft seines Bistums mit dem Nachbarbistum Regensburg und in der 1993 begründete Partnerschaft mit der Ackermann-Gemeinde der Erzdiözese Freiburg. Dass ihn mit dem Regensburger Bischof Dr. Rudolf Voderholzer eine langjährige Freundschaft verbindet, hat der Bistumspartnerschaft nach Regensburg neuen Schwung gegeben. Ein besonderer Höhepunkt war dabei der diesjährige Katholikentag, den Radkovský aktiv mitgestaltete.

Bischof Radkovský ist ein Gottesmann, der Mut hat und Mut macht, Brücken zu bauen, aber auch sie zu begehen. Die Ackermann-Gemeinde hat ihn im Jahr 2009 daher auch mit ihrer Versöhnungsmedaille im Gedenken an Hans Schütz geehrt. Die Verleihung erfolgte auch dem Bundestreffen, das auf seine Einladung hin in seiner Bischofsstadt Pilsen und damit erstmals auf böhmischen Boden stattfand. Auch ein Zeichen der engen Verbundenheit zwischen der Kirche Tschechiens und Deutschlands. Ebenfalls im Jahr 2009 ehrte ihn die Stadt Pilsen mit der Ehrenbürgerschaft. Das macht deutlich, welches Ansehen er sich auch über den Kreis der Kirche hinaus erworben hat.

Mit dem 75. Geburtstag hat Radkovský den Regeln entsprechend Papst Franziskus seinen Rücktritt als Bischof von Pilsen eingereicht. Für die kommenden Jahre wünschen wir uns, dass er weithin ein sichtbarer Leuchtturm und ein Wegweiser bleibt. Einer, der Menschen zu Versöhnung und Frieden führt. Ihm persönlich wünschen wir viel Kraft, Gesundheit und Gottes Segen, dass er weiterhin als Arbeiter im Weinberg des Herrn wirken kann, zum Wohle seiner Diözese und der deutsch-tschechischen Nachbarschaft.

Matthias Dörr

2009 wurde Bischof Radkovský<br/ >von derAckermann-Gemeinde mit<br/ >der Versöhnungsmedialle geehrt.