Die Zukunft Europas als Tanztheater dargestellt

Die kulturelle Ausdrucksform des Tanzes war beim kulturzoom der Ackermann-Gemeinde bislang lediglich durch die Stepptänzerin Cordula Decker vertreten. Im jüngsten Zoom erlebten die an den gut 50 Computern versammelten Teilnehmerinnen und Teilnehmer mehrere Szenen aus der Tanzaufführung „Wendung des Endes“, die das Team der tschechischen Tanzgruppe Pulsar einstudiert und aufgeführt hat. Die dafür verantwortlichen Personen erläuterten ausführlich die verschiedensten Aspekte rund um diese Präsentation.

Konkret waren dies der Produzent und Kurator des Projektes Honza Malík, die Tanzdramaturgin Tereza Krčálová sowie die Koproduzentin des Projektes Heda Bayer. Der ehemalige Tänzer der Prager Staatsoper Honza Malík wirkt seit 2007 als Pädagoge am Duncan Centre Konservatorium und organisiert Debatten über die Tanzkunst. Die Dramaturgin Tereza Krčálová studierte Bohemistik und Russistik. Sie übersetzt zeitgenössische russische Werke und konzentriert sich auf die Bearbeitung aktueller sozialer Themen mit den neuesten Theatermethoden. Die in Chemnitz lebende tschechische Schauspielerin Heda Bayer leitet seit 2015 die Chemnitzer Bühne KOMPLEX. Durch diverse Engagements auch an tschechischen Theatern ist die Zusammenarbeit mit der Tanzgruppe Pulsar entstanden.

Der vollständige Titel der Tanzaufführung lautet „Wendung des Endes: sind wir vorbereitet auf die Zukunft?“ Es geht also (auch) um aktuelle Entwicklungen, die durch Tanz zum Ausdruck gebracht werden sollen. So stellten sich die Künstlerinnen und Künstler die Frage, ob wir noch die Entwicklung Europas durch unsere Kompetenzen wie Freiheit abschätzen können. Ein halbes Jahr vor Beginn der Corona-Pandemie ist das Projekt entstanden, eine der grundlegenden Fragen war, ob die Menschen und die an dem Stück Beteiligten ein gemeinsames Bild von Europa haben. Eigene Gedanken sowie solche aus Gesprächen in mehreren Städten (z.B. Chemnitz, Brünn/Brno, Prag) sind ebenso ins Konzept eingeflossen wie Unbewusstes oder Vorurteile.

Honza Malík und Tereza Krčálová obliegt es dann, die Grundlagen für die Choreografie und die tänzerische Arbeit zu schaffen. „Jede Szene hat einen eigenen Anlass“, erklärt  Malík. „Das Tanzbild ist schwierig zu bilden. Im ersten Schritt entsteht ein Formbild, das mit verschiedenen Leuten geübt wird. Dann kommt der Choreograf hinzu und entwickelt das eigentliche Bild, wie es aussehen soll“, ergänzt und vertieft Krčálová. So sind in einer Szene zunächst zwei Männer, die Herrscher symbolisieren. Dann folgt der Solotanz eines Mädchens, das eine Schicksalsgöttin (Vision) versinnbildlichen soll. Und damit, das heißt mit den Aspekten Schicksal und Vision, geht es auch um die Zukunft – um die Schaffung des neuen Europa.

In den Tanzszenen stecken viele Symbole, wichtig ist aber auch die Musik. Wichtig sei, so  Malík, „das Miteinander von Musik und Tanz zu fühlen“. Für dieses Projekt wurde eigens eine Musik komponiert, keine Mainstream-Musik, sondern zeitgenössische Orgelmusik, die dann von einem weiteren Musiker den jeweiligen Szenen angepasst wurde. Auch Inspirationen aus religiöser und theologischer Literatur werden verarbeitet. „Wir sind nicht Mitglieder bestimmter Kirchen. Aber der Dialog mit gläubigen Menschen ist uns wichtig als Basis für unser Schaffen“, betonen alle drei Protagonisten. Eine andere Szene will verdeutlichen, dass auch Opfer nötig sind, wenn Europa zu einem bestimmten Ideal kommen soll. Schließlich möchte auch die Steigerung der Anzahl der Tänzer im Laufe des Stücks bestimmte Inhalte vermitteln.

Da die Aufführung zunächst für Innenräume vorgesehen war, ist die Zahl der Mitwirkenden begrenzt. Inzwischen gab es aber auch Präsentationen im Freien – wie etwa in Chemnitz, wo Zuschauer zum Teil 50 Minuten stehen blieben und sich Zeit nahmen. „Das hat die Leute wohl gefesselt“, merkte Heda Bayer dazu an.

Honza Malík, Tereza Krčálová und Heda Bayer bringen es gemeinsam auf den Punkt: „Es geht um das Interesse an den Menschen, an der Welt und an der Gesellschaft – und darum, sich durch diese Form der Kunst an der Welt zu beteiligen. Wichtig für uns ist – auch schon in der Vorbereitung – eine bestimmte geistige Ebene als Basis.“

Markus Bauer

Tereza Krčálová
Tereza Krčálová bei ihren Erläuterungen.
Honza Malík
Honza Malík bei seinem Vortrag.
Heda Bayer
Heda Bayer bei ihren Ausführungen.
Die Kulturarbeit der Ackermann-Gemeinde im Institutum Bohemicum wird gefördert durch das Bayerische Staasministerium für Familie, Arbeit und Soziales.