Deutsche Umlaute zum Ärgern der Tschechen

Lesung von Dr. Jaromír Konečný beim Kulturzoom der Ackermann-Gemeinde

Bereits zum zweiten Mal war der Poetry-Slammer, Schriftsteller und Naturwissenschaftler Dr. Jaromír Konečný zu Gast beim Kulturzoom der Ackermann-Gemeinde. Bei der achten Ausgabe dieser Veranstaltung las er unter anderem aus seinem 2017 veröffentlichten Buch „Die unglaublichen Abenteuer des Migranten Němec“, in dem er zum Teil auch seine eigenen Erfahrungen reflektiert. 47 Computer waren zugeschaltet.

 

Den Autor mit ganz unterschiedlichen Tätigkeiten und Qualifikationen stellte Moderatorin Sandra Uhlich kurz vor: 1956 in Prag geboren, 1982 Emigration nach Deutschland, ein Jahr Aufenthalt in einem Übergangslager. „Mit Horrorheften hat er Deutsch gelernt“, erklärte sie. Besonders wies sie auf Konečnýs Aktivitäten im Poetry-Slam hin, wo er sogar dreimal deutscher Vizemeister wurde. Die Berufung zu den Münchner Turmschreibern sei, so Uhlich, die jüngste Auszeichnung. Sie nannte exemplarisch die Bücher „Jäger des verlorenen Glücks“ und „Doktorspiele“, das sogar verfilmt wurde. Ein vollkommen anderes Interessensgebiet ist seine Beschäftigung mit Künstlicher Intelligenz, wozu er auch einen Blog schreibt.

Über seinen zweiten Auftritt beim Ackermann-Kulturzoom freute sich Konečný, zumal ja aktuell alle Engagements abgesagt sind. Anhand einiger Faktoren blickte er auf seine Erfahrungen mit der deutschen Sprache und den Aspekt „Deutsch/Němec“ ein. Als eine Besonderheit sieht er die lediglich im deutschen Sprachraum geläufigen Umlaute. „Die Umlaute wurden nur erfunden, um die Kommunikation zu erschweren und die Tschechen zu ärgern. Aber beim Poetry-Slam ist die Sprache nicht so wichtig, sondern der Akzent“, relativierte er. Auch vergaß er nicht, dass „Němec“ eigentlich „Der Stumme“ heißt. Dies müsse, angesichts der gemeinsamen Mitgliedschaft Deutschlands und Tschechiens in der Europäischen Union, geändert werden. Angesichts einer russlanddeutschen Freundin, die er im Jahr 1982 kennengelernt hat, erzählte er von den Kategorien „Volksdeutsche“ und „Reichsdeutsche“ – als zugewanderter Tscheche gehöre er einer weiteren Kategorie an.

Nach diesen einführenden Worten widmete sich der Autor dem Buch „Die unglaublichen Abenteuer des Migranten Němec“. Wobei bei Konečný nie ganz klar wird, was Dichtung und was Wahrheit, in diesem Fall autobiografisch, ist. Jedenfalls werden oft deutsch-tschechische Wechselbezüge deutlich – in der Identität oder in der Kultur. Literarische Überspitzung darf das genannt werden, etwa auch die geschilderte Fälschung von Zeugnissen und Dokumenten mit einem Kartoffelstempel.

Verständnis konnte man in gewisser Weise für Konečný gewinnen, als er die nach Regionen unterschiedlichen Bezeichnungen für „Krapfen“ nannte und dies mit dem Vortrag einer Geschichte verband. Auch anhand einer Marterl-Sentenz („Zwei Menschen und zwei Tschechen“) kam er ins Grübeln, und mit der Geschichte „Rache der Radieschen“ sowie einen Bogenschützen-Witz beendete der seit nunmehr 37 Jahren in Deutschland bekannte Schriftsteller seine Lesung.

Markus Bauer

Dr. Jaromír Konečný bei seinem Vortrag bzw. seinen Ausführungen
Ein Teil der Zuhörer bei der Lesung von Dr. Jaromír Konečný
Die Ackermann-Gemeinde e.V. wird für die Kulturarbeit im Institutum Bohemicum aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.