Deutsch-böhmisches Urgestein: Herbert Werner 70

Am 20. März feiert Herbert Werner, ehemaliger Bundesvorsitzender der Ackermann-Gemeinde (1991-1998), seinen 70. Geburtstag.

Im nordböhmischen Teplitz geboren musste er mit im Alter von vier Jahren seine Heimat verlassen und fand Aufnahme in Württemberg. Dort machte er das Abitur, studierte Geschichte und Englische Philologie an der Universität Tübingen und dem University College of North Wales. Bis zu seinem Einzug in den Deutschen Bundestag war er als Studienrat, später Oberstudienrat an einem Ulmer Gymnasium tätig. Für die CDU errang er sechsmal das Direktmandat im Wahlkreis Ulm und gehörte so von 1972 bis 1994 dem Bonner Bundestag an. Besonders in Erscheinung trat der sechsfache Familienvater als engagierter Kämpfer für den Schutz der Familie und für den Lebensschutz in den Debatten um den Paragraph 218.

Werner fand früh den Weg zur Vertriebenenarbeit und prägte diese in führenden Positionen mit. Als Nachfolger von Professor Josef Stingl übernahm er 1991 den Bundesvorsitz der Ackermann-Gemeinde. In seiner Amtszeit gelang es ihm, die Beziehungen des Verbandes vor 1989 zu nutzen und die grenzüberschreitende Tätigkeit der Ackermann-Gemeinde in die tschechische Kirche und Gesellschaft hinein auszubauen. In besonderer Weise stehen für den Beginn eines kontinuierlichen deutsch-tschechischen Dialogs die mit seinem Namen eng verbundenen „Iglauer Symposien“, die 1992 erstmals gemeinsam mit der Bernad-Bolzano-Gesellschaft organisiert wurden und bis heute, nun als Brünner Symposien, ein feste Größe im grenzüberschreitenden Diskurs sind.

Auch nach seiner Zeit als Bundesvorsitzender arbeitete er weiter an der Aussöhnung von Sudetendeutschen und Tschechen. Von 1998 bis 2006 lebte Werner in Prag und wirkte dort als erster Co-Geschäftsführer des Deutsch-tschechischen Zukunftsfonds. Dort verschaffte er sich großen Respekt bei seinen tschechischen Partnern und in der Prager Politik. Gerade für die Anfangszeit des Zukunftsfonds, der nach einer Phase heftiger geschichtspolitischer Diskussionen als Kind der Deutsch-Tschechischen Erklärung im Jahr 1998 entstand, war es für die weitere Entwicklung entscheidend, dass gerade ein Sudetendeutscher diese Aufgabe übernahm. Er schuf durch seine klare Haltung, sein Gespür für Humor und Ironie sowie seine ganz eigene Herzlichkeit gegenseitiges Verständnis für die je eigenen Sichtweisen von Tschechen und Sudetendeutschen. 2006 wurde er für diese Tätigkeit gemeinsam mit seinem langjährigen tschechischen Kollegen Dr. Tomáš Kafka in seiner Heimatstadt Teplitz vom Adalbert-Stifter-Verein mit dem Kunstpreis zur deutsch-tschechischen Verständigung ausgezeichnet. Damit wurde hervorgehoben, dass es nicht zuletzt auch das Ergebnis der ausgezeichneten Leistung der langjährigen Gründungsgeschäftsführer und ihrer geradezu symbiotischen Zusammenarbeit war, die den Fonds unter Einbeziehung der Sudetendeutschen, zu einem so erfolgreichen Instrument der Versöhnung machten. Auch seinem unermüdlichen Werben für die Bedeutung und Notwendigkeit der deutsch-tschechischen Kontakte ist es zu verdanken, dass der zunächst auf zehn Jahre angelegte Zukunftsfonds im Jahr 2008 nochmals für weitere zehn Jahre von den Regierungen in Berlin und Prag mit finanziellen Mitteln ausgestattet wurde.

Sein Engagement in der Vertriebenenarbeit und katholischen Laienarbeit war und ist vielfältig. Er war Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der katholischen Vertriebenenorganisationen AKVO (1991-2009) und gehörte ferner dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken und dem Präsidium des Sudetendeutschen Rates an. Bis heute engagiert er sich in der Ackermann-Gemeinde als Mitglied des Trägervereins und als stellvertretender Diözesanvorsitzender in Stuttgart.

Werner erhielt für seine Verdienste hohe kirchliche und staatliche Auszeichnungen. Er gehört zu den Rittern des päpstlichen Gregoriusordens. 2003 überreichte ihm der scheidende tschechische Präsident Vacláv Havel bei seinem letzten offiziellen Besuch in Berlin die Verdienstmedaille der Tschechischen Republik. 2007 wurde er in Prag mit dem großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Seine reiche politische Erfahrung und seine besondere Kenntnis der deutsch-tschechischen Beziehungen sind auch weiterhin unverzichtbar. Möge es ihm noch viele Jahre möglich sein, diese in der katholischen Vertriebenenarbeit und insbesondere in der Ackermann-Gemeinde einzubringen und weiter am Aufbau einer guten Nachbarschaft zwischen Deutschen und Tschechen mitzuarbeiten. Ad multos annos!

Matthias Dörr

Herbert Werner