Der Synodale Weg – ein Tanz auf der Rasierklinge

Ein zumindest im kirchlichen Bereich aktuell heißes Eisen stand beim jüngsten themenzoom der Ackermann-Gemeinde im Mittelpunkt: Die Entwicklung des „Synodalen Weges“ der katholischen Kirche in Deutschland. Seine Eindrücke – auch von der kürzlich in Frankfurt/Main stattgefundenen Synodalversammlung – schilderte der 21-jährige Lukas Nusser, der zu den jüngsten Synodalen gehört, unter dem Titel „Aus gegebenem Anlass: Aktuelles vom Synodalen Weg. Der jüngste Teilnehmer berichtet“.

Die an 51 Computern, Smartphones oder Telefonen zugeschalteten rund 75 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, eine Teilnehmerin kam sogar aus Brasilien, begrüßte Moderator Rainer Karlitschek. Das Thema sei ein „Dauerbrenner“, denn bereits im Mai 2020 sei der Synodale Weg Inhalt des themenzooms gewesen – damals mit dem Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken Prof. Dr. Thomas Sternberg. Diesmal stand mit dem im Jahr 2000 geborenen Lukas Nusser, der aus dem Schwarzwald stammt und im Herbst 2020 an der Universität Mannheim ein Studium zum Unternehmensjuristen begann, der jüngste männliche Synodale Rede und Antwort. Ehrenamtlich ist Nusser seit 2018 Diözesanleiter der Katholischen Jungen Gemeinde (KJG) in der Erzdiözese Freiburg. Er hatte sich für den Synodalen Weg um einen der 15 Plätze für unter 30-Jährige beworben und wurde aus über 200 Bewerbungen ausgewählt. Auf der ersten Synodalversammlung wurde er zudem in das „Forum Macht und Gewaltenteilung“ gewählt.

Gleich zu Beginn seiner Ausführungen wurde Nusser deutlich. Er sei „frustriert“, der „Synodale Weg“ werde „als das verkauft, was er nicht ist“. Seiner Ansicht nach werde zu viel geredet und gesprochen und weniger die vorliegenden Dokumente bearbeitet. Oft kämen so weitere Themen in die Diskussion, „wo man sich dann verliert“, so der junge Synodale. Er stellte fest, dass mit dem „Synodalen Weg“ auch „keine exekutive Gewalt“ verbunden sei und es keine Rechenschaftspflichten gebe. Die Bischöfe müssten alleine dem Papst berichten. Für Nusser wichtig ist eine gewisse Geistlichkeit des Prozesses und der einzelnen Veranstaltungen und Schritte.

Als positiv an der jüngsten Zusammenkunft in Frankfurt sieht der Student, dass sich nun auch die Bischöfe stärker an den Gesprächen und Debatten beteiligt hätten, währende die ersten Treffen sehr stark von den Laien geprägt gewesen seien. „Das sind erste Schritte in der Richtung eines richtigen Gesprächs“, konkretisierte Nusser.

Zu den aktuellen Entwicklungen gehört auch das vom Regensburger Bischof Dr. Rudolf Voderholzer im Synodalforum 1 „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“ erst kurz vor der Sitzung vorgelegte Alternativpapier. „Wie soll man damit umgehen?“, fragte der Synodale auch noch einige Tage danach und drückte damit sein Unverständnis mit dem Zeitpunkt aus. Zu Beginn des Prozesses habe man sich nämlich auf bestimmte Regeln geeinigt. „Der alternative Text ist kein faires Verfahren, das sind Gaslighting-Methoden“, wurde Nusser deutlich und sprach von „Sprengen und Sabotieren des Synodalen Weges“. Die in Voderholzers Text erwähnte Evangelisierung „ist für mich kein Grundanliegen des Synodalen Weges. Wir haben die Pflicht, die systemischen Faktoren von Missbrauch und Machtmissbrauch zu verhindern“, fasste der KJG-Diözesanvorsitzende zusammen.

Nussers kompaktes Statement brachte mehr Zeit für Fragen und zur Diskussion. Moderator Karlitschek interessierten die „Grundpfeiler der Kirche“, die mit der Gegenwart abgeglichen werden müssten. Lukas Nusser verwies auf die Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz 2019 in Lingen und die danach mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken getroffene Entscheidung, die mit den Missbrauchsfällen zusammenhängenden Fakten und Fragen anzugehen, aus denen viele andere Aspekte abzuleiten seien, zum Beispiel die Ungleichbehandlung der Geschlechter. Zum Thema „Demokratische Strukturen“ meinte der Referent des Abends, dass er es für paradox halte, „warum dies in der Kirche nicht möglich sein soll“.

Etwas provokant fragte Prof. Dr. Bernhard Dick, ob in der Kirche alles akzeptabel sein müsse, was auch in der Gesellschaft akzeptabel ist, und ob die Diskussion über die Attraktivität der Kirche, ihre Glaubwürdigkeit und Zukunftsfähigkeit öffentlich sein müsse. Nusser verwies nochmals auf die Ungleichbehandlung der Geschlechter und meinte, dass die Frauenordination ein wichtiges Thema sei, „um Missbrauch nicht mehr zu begünstigen. Die Kirche muss ihre Strukturen mit ihrer Lehre legitimieren. Da soll auch Demokratie möglich sein. Demokratie und Wahrheitsfindung sind keine Gegensätze“.

Die weltkirchliche Dimension brachte Rainer Karlitschek ins Spiel und in die Diskussion. Nusser verwies auf rund 20 internationale Beobachter, Kleriker und Laien verschiedener Religionen und Konfessionen. „Der Synodale Weg ist ein Tanz auf der Rasierklinge, die Themen sind überall relevant, auch in anderen Ländern. Die Reform schwächend ist eher Rom, weniger die Weltkirche“, stellte der Synodale zu diesem Punkt fest und verhehlte nicht, dass Antworten aus dem Vatikan mitunter lange auf sich warten lassen.

Den von Papst Franziskus initiierten weltweiten Synodalen Weg und dessen Bezug zum deutschen Procedere sprach Dr. Jean Ritzke Rutherford an. „Wenn Papst Franziskus etwas dagegen hätte, müsste er es klar sagen. Er versucht, den Machtverlust der Kirche noch etwas hinauszuzögern. Synodale Wege gibt es auch in anderen Ländern. Die Weltsynode hat ein anderes Ziel, die Synodalität insgesamt“, merkte Nusser zu diesem Komplex an.

Nussers Wahrnehmung des Klerus interessierte Prof. Dr.-Ing. Michael Danzer, konkret die Frage nach einer Kirchenspaltung oder eher ein „Aussitzen, reden lassen“, so dass sich die Dinge wieder verlaufen. „Die Leute merken, dass etwas passieren muss. Aber es besteht wohl kein zeitlicher Druck“, beschrieb der junge Synodale die Situation.

Zusammenfassend meinte er, dass die Grundtexte „in eine gute Richtung“ gehen und zu einem „reflektierten Verständnis über Macht“ beitragen.

Markus Bauer

Lukas Nusser Synodaler Weg
Der Referent des themenzooms, der jüngste Synodale Lukas Nusser.
Rainer Karlitschek themenzoom
Moderator Rainer Karlitschek stellte den Referenten vor und auch ein paar Fragen an den Vortragenden.
themenzoom Ackermann-Gemeinde
Blick auf einen Teil der per PC zugeschalteten Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Professor Michael Danzer
Nach der Gefahr einer Kirchenspaltung fragte Prof. Dr.-Ing. Michael Danzer.