Das Krippenholz - Gruß zum Weihnachtsfest

Mit einem Weihnachtsgruß wendet sich Weihbischof Dr. Reinhard Hauke, Beauftragter der Deutschen Bischoftskonferenz für die Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge, an die Mitglieder und Freunde der Ackermann-Gemeinde. Ausgangspunkt seiner Gedanken ist ein Holzteil, das aus der Krippe in Bethlehem stammen soll und in der Kirche "Santa Maria Maggiore" in Rom in einem kostbaren Reliquiar verehrt wird.

In der Kirche „Santa Maria Maggiore“ wird das Krippenholz verehrt. In einem kostbaren Reliquiar in Form einer Wiege sieht man Holzteile, die nach alter Tradition aus der Krippe in Bethlehem stammen. Oben auf dem Reliquiar ist das Christuskind dargestellt, das die Besucher segnet und zum Himmel weist. Nun kann ein Streit darüber entbrennen, ob es sich wirklich um das Holz aus der Krippe handelt, denn in Bethlehem zeigt man ja einen Steintrog, in dem das göttliche Kind gelegen hat. Ich würde jedoch lieber dazu einladen, über die Tatsache der Geburt eines Kindes in einem Stall nachzudenken, denn das allein ist ja schon Grund zur Frage. Wie kann das Gott zulassen? Sein göttlicher Sohn wird ein Kind, das unter ärmlichsten Verhältnissen geboren wird! Ist das nicht ein Skandal? Ja, es ist ein Skandal und Ärgernis, und das Krippenholz von „Santa Maria Maggiore“ weist zugleich auf den nächsten Skandal hin: der Tod Jesu am Holz des Kreuzes. Wie kann Gott das eine und das andere zulassen? Angesichts von Flucht und Vertreibung der Deutschen damals und der Syrer, Iraker und Afrikaner heute stellt sich die Frage immer wieder neu: Wie kann Gott das zulassen?

Neben der Antwort, die sich auf politische Entscheidungen durch König Herodes und Pontius Pilatus damals und durch Terrorgruppen heute bezieht, gibt es auch eine Antwort, die jedoch ein großes Gottvertrauen voraussetzt: Gott schreibt seine Heilsgeschichte auf krummen Linien. Wer in den Augen der Menschen als verloren und ungerecht verfolgt und verurteilt gilt, ist in den Augen Gottes ein Heiliger und Zeuge der Wahrheit. Eine solche Wertung als Nichtbetroffener vorzunehmen, ist immer riskant. Überzeugend sind dann die Aussagen der Leidgeprüften, die nach durchgestandener Verfolgung und Vertreibung sagen: „Ich habe die Hand Gottes gespürt, die meine Kinder überleben ließ und die uns die Chance eines Neuanfangs gab.“

Mag das Krippenholz auch zuerst weihnachtliche Gefühle auslösen, so erzählt es doch auch weiterhin von der Macht der Liebe, die in den Augen der Menschen oftmals als Ohnmacht erscheint. Am Weihnachtsfest bekennen wir uns zusammen mit allen, die heute unter der Macht des Bösen leiden zur dauerhaften Liebe Gottes.

 

+ Weihbischof Dr. Reinhard Hauke

Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz
für die Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge