Buchtaufe in Augsburg

Das Leben und Wirken des christlichen Humanisten Přemysl Pitter ist ein seit fünf Jahren intensiv von der Ackermann-Gemeinde kommuniziertes Thema. Seit 2011 läuft eine Wanderausstellung, die bereits in vielen Orten und Städten Süddeutschlands zu sehen war. Seit kurzem gibt es zu dieser Ausstellung auch den neuen Katalog und eine DVD. Gemäß einer tschechischen Tradition wurde das neue Buch zum Ausklang des Sudetendeutschen Tages am Stand der Ackermann-Gemeinde mit einer Buchtaufe vorgestellt.

Der Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde, der Europaabgeordnete Martin Kastler, übernahm dabei den Part, den Generalsekretär der Tschechischen Bischofskonferenz Monsignore Dr. Tomáš Holub durch die beim Sudetendeutschen Tag am Stand der Ackermann-Gemeinde präsentierte Ausstellung zu führen. Anhand der Tafeln und Vitrinen erläuterte Kastler das Wirken Pitters im Bereich der deutsch-tschechisch-jüdischen Versöhnung über mehrere Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. Der tschechische Geistliche zeigte sich beeindruckt von Pitters Wirken und vielfältige Tätigkeiten in der Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen ganz unterschiedlicher Herkunft über einen so langen Zeitraum.

Diese Thematik vertiefte der ehemalige Bundesvorsitzende Adolf Ullmann als Beauftragter des Institutum Bohemicum, Kultur- und Bildungswerk der Ackermann-Gemeinde. Er bezeichnete Pitter als „Persönlichkeit von europäischem Rang“, die „zu Unrecht bei Deutschen, Tschechen und Sudetendeutschen in Vergessenheit geraten“ sei. Als Verdienst der Ackermann-Gemeinde nannte er die Tatsache, dass die deutsche Fassung der Ausstellung von ihr erstellt wurde. „Pitter war ein Mann der Tat und Weitsicht. Seine pädagogsichen Überlegungen aus den 20er Jahren sind heute hochmodern. Er hat die Kinder und Jugendlichen von der Straße geholt und einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung zugeführt“, charakterisierte Ullmann die Pädagogik Pitters, die er mit den heutigen Ganztagsschulen verglich. Ullmann verwies unter anderem darauf, dass Pitter während des Zweiten Weltkrieges jüdische Kinder rettete und nach dem Krieg in seinen Stätten auch deutsche Kinder betreute. „Pitter hat deutsche und jüdische Kinder gemeinsam erzogen, was aufgrund der NS-Indoktrination deutscher Kinder nicht einfach war“, verdeutlichte Ullmann. Er ging aber auch darauf ein, dass Pitter schon 1925 die Schwächen der ersten tschechoslowakischen Republik erkannt und Lösungsvorschläge erarbeitet hat, die aber keine Beachtung fanden. Im Gegenteil – im Jahr 1951 musste Pitter fliehen und kam über die DDR in die Bundesrepublik, wo Pitter dann im Valka-Lager in Nürnberg für die Betreuung von Emigranten aus ganz Ost- und Südosteuropa zuständig war. „Pitter war einer der wenigen, der sich 1945 offen gegen die tschechische Gewalt gegen die Deutschen äußerte“, hob Ullmann hervor und vergaß auch nicht, dass Pitter in den 50er Jahren Kontakt zur Ackermann-Gemeinde hatte und 1955 in der Schrift „Der neue Ackermann“ einen Beitrag schrieb, in dem er den Sudetendeutschen wie auch den Tschechen die Aufgabe der Überwindung der Grenzen auftrug. „Das sind ermutigende und auffordernde Worte für uns heute – die Suche des Verbindenden“, fasste Ullmann als Essenz des Wirkens Pitter zusammen und appellierte an die Besucher der Buchtaufe, „im Sinne Pitters weiter zu wirken.“ Das Leben und die Gedankenwelt Pitters sind neben der Ausstellung nun auch im Katalog sowie im Video (Titel in deutscher Sprache: „Liebet eure Feinde!“) lebendig.

Bei der Buchtaufe assistierten Ullmann der erst kürzlich gewählte neue Geistliche Beirat der Ackermann-Gemeinde Monsignore Dieter Olbrich und der Bundesgeschäftsführer der Ackermann-Gemeinde Matthias Dörr.

Markus Bauer

 

Foto: Der Bundesvorsitzende Martin Kastler MdEP führt den Generalsekretär der Tschechischen Bischofskonferenz Msgr. Dr. Tomáš Holub durch die Ausstellung.

Taufe des neuen erweiteren Katalogs<br/ >"Europäischer Humanist. Přemysl Pitter".