Appell zur Versöhnung mit den Nachbarn

Bei der traditionellen Wallfahrt nach Altötting am 1. Juli waren die verschiedenen Aspekte von Heimat die zentralen Themen. Sowohl Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB aus Schäftlarn wie auch Prof. Dr. Otto Mochti aus Passau betonten in der Wallfahrtsmesse in der Basilika und in der Marienfeier am Nachmittag die christlichen Elemente des Heimat-Begriffes. Mit der Prozession zur Gnadenkapelle schloss die Veranstaltung.

„Heimat im Glauben“ lautete das diesjährige Motto der Wallfahrt für die Sudetendeutschen, zu der erneut Ackermann-Gemeinde und Sudetendeutsches Priesterwerk eingeladen hatten. Mit Fahnen und Bannern trafen die Teilnehmer, zum Teil in Trachten aus dem Böhmerwald, dem Egerland und aus dem Braunauer Ländchen, rechtzeitig vor Beginn des Pontifikalgottesdienstes vor der in Renovierung befindlichen Basilika St. Anna ein, um sich bei strahlendem Sonnenschein noch etwas auszuruhen und Gedanken auszutauschen.

Die Teilnehmer, Gottesdienstbesucher und die Hörer von Radio Horeb – dieser Sender übertrug die Messfeier live – begrüßte die Passauer Diözesanvorsitzende der Ackermann-Gemeinde Ilse Estermaier und wünschte „viele Begegnungen, gute Worte, fruchtbare Gedanken und Gebete“.

Die ca. zwölf Millionen Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg rief Abt Kränkl zu Beginn seiner Predigt in Erinnerung und ging auf den Heimat-Begriff sowie auf aktuelle Untersuchungen ein, welche mit den Begriffen Urbanisierung, Migration, Obdach- bzw. Heimatlosigkeit, modernes Nomadentum, Internet als Heimat zusammenhängen. Ebenso nannte er einige Wallfahrtsorte in der früheren Heimat in Böhmen, Mähren und Schlesien, die jedoch manchmal den damals Vertriebenen inzwischen fremd geworden sind, wie der Abt aus den Erfahrungen seiner eigenen Mutter schilderte. Damit kam der Geistliche auf das Thema der Wallfahrt „Heimat im Glauben“ und machte deutlich, dass die Geschichte der Menschheit von Beginn an mit der Vertreibung aus dem Paradies nach dem Sündenfall verbunden ist. „Durch die Sünde haben wir Menschen die unmittelbare Gemeinschaft mit Gott verloren, die Urheimat, die Beheimatung bei Gott. Alle Menschen sind von Anbeginn an Heimatvertriebene“, führte Abt Kränkl aus. Er wies zudem auf ein weiteres jüdisch-christliches Ereignis, den Auszug aus der Heimat seitens Abraham und Sarah, hin – verbunden mit einem Aufbruch in eine ungewisse Zukunft. „Damit Gott im Menschen wirken kann, muss der Mensch frei sein“, interpretierte der Prediger diese biblischen Schilderungen. Aber auch an Fakten aus dem Leben Jesu machte Abt Kränkl den Bezug zur Heimat deutlich: Die massive Ablehnung Jesu in seiner eigenen Heimatstadt, die geringe Wertschätzung des Propheten im eigenen Land und die Aufforderung Jesu an seine Jünger, für die Verbreitung seiner Lehre alles – auch die Heimat – zu verlassen, woraus sich die weltweite Tätigkeit der Kirche ableitet. „Gott und Maria können überall angebetet und verehrt werden. Orte, Nationalitäten und Sprachen spielen im Christentum nur eine nachrangige Rolle. Da spielen Unterschiede zwischen Deutschen, Tschechen, Slowaken und Polen keine Rolle mehr. Denn unsere eigentliche Heimat ist für uns Christen im Himmel“, verdeutlichte der Abt. Doch er rief auch zur Versöhnung auf. „So lange wir auf Erden sind, sind wir gehalten, uns mit den Nachbarn zu versöhnen – auch mit den staatlichen Nachbarn. Nationalismus und Rassismus sind mit dem christlichen Glauben unvereinbar. Die Versöhnung mit den Herkunftsländern soll gerade uns als Christen leichter fallen, weil wir nicht auf irdische Güter fixiert sind – auch wenn die Vertreibung tief geschmerzt hat“, sprach der Geistliche klare Worte und schloss mit dem Satz: „Jesus steht bereit, uns Heimatvertriebene in die ewige, eigentliche Heimat aufzunehmen. Dort wird der Heimatverlust, den wir erlitten haben, keine Rolle mehr spielen“. Zusammen mit Monsignore Johannes Tasler, dem Geistlichen Beirat der Ackermann-Gemeinde in der Erzdiözese München-Freising, feierte Abt Emmeram Kränkl den Pontifikalgottesdienst.

Die Marienfeier mit Totengedenken zelebrierte der emeritierte Passauer Domdekan Prof. Dr. Otto Mochti, den Ilse Estermaier zu Beginn der Andacht kurz vorstellte. Natürlich stand die Gottesmutter Maria im Mittelpunkt, doch Mochti hob auch den Gedanken vom Volk Gottes, die Zusammengehörigkeit aller Christen bzw. die lebendige Gemeinschaft, hervor. „Das gibt Sicherheit, Geborgenheit, Heimat“, betonte er und wies in diesem Kontext auch Maria eine zentrale Bedeutung zu.

Den Abschluss der Wallfahrt bildete die Prozession von der Basilika St. Anna zur Gnadenkapelle, wo der örtliche Kapuzinerpater Eduard Stuchlik die Schlussworte sprach und die Segnung der Andachtsgegenstände vornahm.

Markus Bauer/ag

Abt Emmeram zeiht in die Basilika ein.