AG-Urgestein Willi Lucke gestorben

Im Alter von 98 Jahren ist am 9. Juli Willi Lucke verstorben. Über Jahrzehnte gestaltete er als engster Mitarbeiter des ersten Bundesvorsitzenden der Ackermann-Gemeinde, Hans Schütz, die Ackermann-Gemeinde mit und machte sich als Landtagsabgeordeneter um die Heimatvertriebenen verdient. Das Requiem mit anschließender Beerdigung findet am 14. Juli um 14.00 Uhr in der Kirche St. Martin in München-Untermenzing statt.

 

 

 

In tiefer Trauer teilen wir mit, dass

Herr Willi Lucke,
Träger des Hans-Schütz-Preises,
Mitglied des Bayerischen Landtags (1966-1974),


geboren am 16. Juni 1913 in Rochlitz (Riesengebirge),
am 9. Juli 2011 in München verstorben ist.

 

Willi Lucke war Mitglied der Ackermann-Gemeinde seit ihren Anfangsjahren. Er setzte sich zunächst als Sekretär des Bundesvorsitzenden Hans Schütz, in dessen Zeit als Bundestagsabgeordneter, als Mitglied des Europarates, als Staatssekretär und Bayerischen Sozialminister, und später selbst als Mitglied des Bayerischen Landtages auf der Basis der christlichen Soziallehre für soziale Gerechtigkeit ein. Seine Sorge galt vor allem den vertriebenen sudetendeutschen Landsleuten.

Während seiner langjährigen Mitarbeit im Bundesführungskreis und im Vorstand der Ackermann-Gemeinde e.V. war er für die Ackermann-Gemeinde ein wertvoller Ratgeber und Mitarbeiter.

Herr Lucke war aktives Mitglied in der Christlich Sozialen Union, in der Union der Vertriebenen, in der Sudetendeutschen Landsmannschaft und im Heimatkreis Hohenelbe/Riesengebirge. Sein politisches, soziales und kirchliches Engagement, wurde mit zahlreichen Ehrungen gewürdigt.

 

Das Requiem mit anschließender Beerdigung findet  am Donnerstag, 14. Juli 2011, um 14.00 Uhr in der Kirche St. Martin, Pfarrer-Grimm-Str. 2, 80999 München-Untermenzing statt.

 

Wir gedenken seiner im Gebet

Für die Ackermann-Gemeinde auf Bundesebene

Martin Kastler MdEP, Bundesvorsitzender
Franz Olbert, Sozialwerk der Ackermann-Gemeinde e.V.
Matthias Dörr, Bundesgeschäftsführer

Für die Ackermann-Gemeinde der Erzdiözese München und Freising

Msgr. Johann Tasler, Geistlicher Beirat
Anita Langer, Diözesanvorsitzende
Lothar Palsa, Diözesansekretär

 

Kranzablösespenden zu Gunsten des Sozialwerks der Ackermann-Gemeinde e.V. erbeten:

Kontonummer 2122200, Liga Bank eG München, BLZ 750 903 00

 

Willi Lucke – ein „Urgestein“ der Vertriebenen – ist tot

(*16.Juni 1913 in Rochlitz/Riesengebirge - + 9.Juli 2011 in München)

 

Ein Nachruf von Dr. Otfrid Pustejovsky, Waakirchen

 

Im Frühling 1943 trafen die beiden Weggefährten aus der christlichen Arbeiterbewegung der 30er Jahre, Hans Schütz und Willi Lucke, als Wehrmachtsoldaten im ukrainischen Stalino für drei kurze Tage zusammen – und beide kamen lebend aus dem Frontinferno wieder zurück. Schütz gründete 1946 in München die Ackermann-Gemeinde und besorgte mit Hilfe Richard Reitzners dem in die SBZ vertriebenen – und dort als Bergmann  eingesetzten -  ehemaligen  Freiwaldauer Bezirkssekretär der Christlichen Gewerkschaften Lucke 1947 die Zuzugsgenehmigung nach Bayern. Fortan waren die beiden ausgewiesenen Sozialpolitiker ein geradezu unzertrennliches Arbeitsteam, obwohl Lucke im Bonner Bundestag vielfach nur als der „Fahrer“ von Schütz wahrgenommen wurde. Von 1948 bis 1966 gestalteten diese beiden engagierten Christen, Gewerkschaftler und ihrem im besten Sinne verpflichteten konservativen Denken oft im Verborgenen mit das sozialpolitische Gesicht des Bundesrepublik Deutschland. Lucke hat diese Zeit als „die wertvollsten Jahre meines Lebens“ bezeichnet. So meinte er auch über diese Anfangsjahre: „Wenn wir heute die Diskussionen über Diätenbezüge im Bundestag oder den Landtagen verfolgen, dann können sich die heutigen Zeitgenossen keine Vorstellung von dem machen, wie es in den fünfziger Jahren war“: Lastenausgleich, große Rentenreform, grundlegende Änderungen im Versicherungswesen.

Für Willi Lucke war es daher geradezu selbstverständlich, in der Vertriebenen-Wochenzeitung „Volksbote“ wöchentlich in der Zeitungsspalte „Rat und Auskunft“ stets geduldig Fragen zum Vertriebenenrecht, Kriegsopferrenten, Familienzusammenführung zu beantworten. Im gleichen Sinne fühlte er sich auch von 1974-1978 als Referent für internationales Sozialversicherungsrecht im Bayerischen Sozialministerium dieser Aufgabe verpflichtet; 1962 war er mit Hans Schütz in dieses Ministerium gekommen, 1966 bis 1974 war er als direkt gewählter CSU-Abgeordneter im Bayerischen Landtag ein geachteter Repräsentant der Vertriebenproblematik in Bayern. Für den Hamburger Spiegel (Nr.40/1966) war dies immerhin Anlass zu schreiben: „In einem Münchner Stimmkreis schlug Willi Lucke, 52, der sich vom Fahrer zum persönlichen Referenten des bayrischen Arbeitsministers Schütz hochgedient hatte..., den dort ansässigen Staatssekretär im bayrischen Innenministerium, Robert Wehgartner...“ Als Vorsitzender der Union der Vertriebenen innerhalb der CSU trug er von 1969-1977 die spezifischen Fragen über die Partei in die Öffentlichkeit. Und als Willi Lucke seine „Erinnerungen an ein bewegtes Leben (1913-1993), aufgezeichnet anlässlich meines 80.Geburtstages“ in Buchform herausbrachte, bezeichneten Prof. Dr. Faltlhauser und Dr. Bernhard im Vorwort vor allem seine „politische Geradlinigkeit und die Verankerung in einem festen Werteraster“ als besondere Merkmale dieses Mannes. Dazu gehörte aber auch, seit der 14Jährige zur katholischen Jugend- und Erwachsenenbildungs- und -verbandstätigkeit gestoßen war, auch sein staatsbürgerlich loyales Verhältnis gegenüber der 1.Tschechoslowakischen Republik, der er als Soldat der tschechoslowakischen Armee im Rahmen der Wehrpflicht diente. Pflicht bedeutete ihm nie eine bloße Redensart, vielmehr Verpflichtung dem und den Nächsten gegenüber, und so verstand er auch sein unermüdliches Engagement in der Ackermann-Gemeinde, in Partei und Politik , in seiner Pfarrei St.Martin in München-Untermenzing. Viele Preise wurden ihm im Laufe der Jahre verliehen – doch am meisten gefreut hat ihn die Zuerkennung des „Hans-Schütz-Preises“ der Ackermann-Gemeinde, in deren Bundesführungskreis er von 1960 bis 1984 aktiv mitwirkte – genauso wie in „seiner“ Münchner Ackermann-Gemeinde. Ähnlich gefreut hat Lucke aber auch die Medaille „München leuchtet“, zeigte ihm doch diese Anerkennung, dass sein Bemühen um die volle gesellschaftliche Integration der Vertriebenen fern aller „Ghettopolitik“ damit öffentlich gewürdigt wurde. Dazu kam dann noch, dass für ihn die deutschen Spätaussiedler zu einer Gruppe wurden, die er auf den von der Ackermann-Gemeinde veranstalteten Aussiedler-Wochen mit Rat und Tat begleitete. Das Gleiche galt für seine auch nach Jahrzehnten immer noch heißgeliebte Heimat des Riesengebirges; so war er von 1975-1988 Vorsitzender des Heimatkreises Hohenelbe; ebenso rührig , aber auch kritisch war Lucke in der Sudetendeutschen Landsmannschaft eingebunden .Mit einem ausführlichen Lebensbild hat ihn diese Zeitung zum 90.Geburtstag geehrt (4.Juli 2003), und 5 Jahre später brachte ihn der Vizepräsident des BdV und Bundesvorsitzende der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU Helmut Sauer nochmals als „Sudetendeutsches Urgestein“ in Erinnerung (Juni 2008). Nach der Samtenen Revolution war es Lucke vergönnt, erstmals seit 1945 wieder seine Geburtsheimat zu besuchen. Zwischen 1993 und 1996 konnte er mehr als  100.000 DM für die Renovierung der Ortskirche zusammentragen und 1996 in einem feierlichen deutsch-tschechischen Gottesdienst mit dem Königgrätzer Bischof Otčenášek der Gemeinde übergeben.

Mit Willi Lucke gibt es nicht nur einen wichtigen Zeitzeugen für die turbulenten Jahre 1935-1938/39 weniger, mit ihm verlieren die Ackermann-Gemeinde einen aufrechten, tief religiösen Mitgestalter und die bayerische, aber auch deutsche Nachkriegspolitik einen vom christlichen Gewissen und Ethos bestimmten Sozialpolitiker, dem u.a. der tschechische Historiker Jaroslav Šebek 2005 auch seine aufrechte Haltung gegenüber den Zwangsauflösungsmaßnahmen der christlichen Gewerkschaften durch die Nazis 1938 bescheinigt hat. (tschechische Ausgabe: Zwischen Kreuz und Nation, Brünn 2006, z.B.S.296-297).

Pfarrgemeinde und Ackermann-Gemeinde gedenken seiner beim Requiem am 14. Juli 2011, um 14.00 Uhr in der Kirche St. Martin in Untermenzing.

 

Willi Lucke bei der Feier des 95. Geburtstags.