20mal „Vítámé Vás v Ústí“

Zum 20. Mal trafen sich die Freunde Böhmens in Aussig/Ústi n.L. zu den diesjährigen COLLOQUIA USTENSIA. Die ansehnliche Zahl von über 40 Teilnehmern spricht für die Attraktivität des Konzepts, das Prof. Karl-Heinz Plattig 1992 mit begründet hatte. Unter ihnen waren auch zehn „Neulinge“, die sich in der Gemeinschaft gleich gut aufgenommen fühlten.

Die 14-tägige Sommerakademie bietet eine Kombination aus Sprachkurs und Landeskunde. Vormittags wird in fünf nach Vorkenntnissen gestaffelten Kleingruppen Tschechisch gebüffelt, und nachmittags geht es dann mit dem Bus auf Exkursion. Nach dem Abendessen folgt ein Vortrag mit anschließender Diskussion und gemütlichem Beisammensein.

„Die engagierte Vorbereitung und herzliche Betreuung durch unsere tschechischen Partner unter Leitung von PhDr. Kristina Kaiserová vom slawisch-germanischen Institut der Universität Aussig ist ein ganz entscheidender Grund dafür, dass jedes Jahr so viele Interessenten den Weg zu uns finden“, betonte Christoph Lippert, der gemeinsam mit seiner Frau Uschi seit einigen Jahren die Organisation seitens der Ackermann-Gemeinde von Prof. Plattig übernommen hat.

Diesmal hatte schon Aussig selbst interessante Neuheiten zu bieten. Ein erster Höhepunkt war die Fahrt mit der neu gebauten Seilbahn aus der Aussiger Innenstadt auf die Ferdinandshöhe (Vĕtruše). Das aufwendig restaurierte ehemalige Postgebäude ist zu einem repräsentativen Stadtmuseum geworden, in dem zusätzlich die Ausstellungsräume des Collegium Bohemicum eingerichtet werden, der tschechischen Institution, die sich ausschließlich der Dokumentation des Lebens der Deutschen in den böhmischen Ländern widmet. Im nächsten Jahr werden die Teilnehmer dann die fertige Ausstellung besichtigen können.

Exkursionen führten die über 40 Teilnehmer in diesem Jahr ins Kultur- und Begegnungszentrum Groß Tschochau/Řehlovice. Dort hat die Leiterin Lenka Holíková aus einem verfallenen Gutshof ein lebendiges tschechisch-deutsches Kultur- und Begegnungszentrum gemacht (s. Foto). Weitere Stationen waren Schloss Rothenhaus/Červený Hrádek, die Marienkirche in Zirkwitz/Církvice, Böhmisch Leipa/Česká Lípa und das Schloss Reichstadt/Zákupy, sowie die Klöster Mariaschein/Bohosudov und Maria Ratschitz/Mariánské Radčice. Auch eine alternative Ziegenfarm in Mertendorf/Merboltice wurde besichtigt.

Auch das Vortragsprogramm war wieder bunt gemischt. Jana Hubková vom Aussiger Stadtmuseum berichtete aus ihrem preisgekrönten Buch über Friedrich V. von der Pfalz, die Dresdner Historikerin Frauke Wetzel über das Kulturleben in Aussig/Ústí nach 1945, der Aussiger Studentenpfarrer Pater Josef Hurt über aktuelle Entwicklungen in der tschechischen katholischen Kirche, und die Tetschener Archivarin Marcela Oubrechtová über Franz Thun, einen besonders interessanten Angehörigen des Tetschener Adelsgeschlechts. Milan Rudik vom Collegium Bohemicum gab den Teilnehmern mit seinem Referat über die deutschen Automobil-Clubs in Böhmen einen Einblick in die Zeit der Motorisierung vor dem 2. Weltkrieg, und die Archäologin Eliška Mezenská vom Aussiger Stadtmuseum referierte über den aktuellen Stand der Ausgrabungen in Aussig/Ústí und Umgebung. Besonders unterhaltsame Abende bescherten den Teilnehmern der Dresdner Bernd Meyer-Rähnitz mit Präsenation und Vorführung alter Schellackplatten, sowie der Aussiger Stadtarchivar Vladimír Kaiser mit seiner bebilderten Schilderung seines Pilgerwegs durch Portugal. Bewegend war dagegen die Vorführung des tschechischen Films „Habermanns Mühle“, der ja in Tschechien eine viel größere Resonanz gefunden hat als in Deutschland.

Traditionell haben auch Kultur und religiöse Besinnung ihren Platz in den COLLOQUIA USTENSIA. So ging dem Unterricht jeden Morgen eine halbe Stunde Singen tschechischer Lieder mit Instrumentalbegleitung voraus. Die Teilnahme von zwei Geistlichen, dem katholischen Pfarrer Markus Goller aus dem fränkischen Fürth und seinem evangelischen Amtsbruder Michael Schleinitz aus dem sächsischen Lohmen ermöglichte eine tägliche Andacht, die trotz der frühen Stunde – vor dem Frühstück – sehr gut angenommen wurde. Auch ein eigenes Gesangs- und Orgelkonzert mit anschließender Heiliger Messe in der Aussiger Stadtkirche St. Marien stand auf dem Programm.

Nach einem lustigen Bunten Abend, der von unterschiedlichsten Beiträgen aus dem Teilnehmerkreis geprägt war, hieß es Abschied nehmen. Die Heimreise zerstreute die Teilnehmer wieder in alle Winde, aber die Termine für ein Wiedersehen stehen schon im Kalender. Für den 23. bis 25. März 2012 ist ein Zwischentreffen in Eichstätt geplant, und die XXI. COLLOQUIA USTENSIA werden vom 20. August bis zum 2. September 2012 stattfinden. Bei beiden Terminen sind auch neue Interessenten herzlich willkommen!

Kontakt:

Insitutum Bohemicum, c/o Christoph Lippert,
Münchauracher Str. 18, 91074 Herzogenaurach
Telefon 09132/9700, e-Mail info(at)lti-training.de

"Řehlovice" steht für ein alternative Kulturzentrum