Januar-Themenzoom der Ackermann-Gemeinde mit Prof. Dr. Gregor Buß

Dem weihnachtlichen Festkreis war die erste Zoom-Veranstaltung der Ackermann-Gemeinde im Jahr 2023 gewidmet. „Weihnachten im Heiligen Land. Wie in Jerusalem und Bethlehem die Geburt Jesu gefeiert wird“ lautete das Thema, für das sich zahlreiche Ackermänner- und frauen an 50 Bildschirmen interessierten. Referent des Abends war Dr. Gregor Buß, Professor für Katholische Theologie, Anthropologie, Ethik und Soziallehre an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Paderborn und von 2013 bis 2015 Geistlicher Beirat der Jungen Aktion der Ackermann-Gemeinde.

Weihnachten im Heiligen Land

In seiner Begrüßung ging Moderator Rainer Karlitschek natürlich auch auf den Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. (Kardinal Joseph Ratzinger) ein, der mehrmals an Veranstaltungen der Ackermann-Gemeinde teilgenommen hat. Den Referenten stellte Sandra Uhlich vor. Bereits nach dem Abitur leistete er einen Freiwilligendienst in einem Kinderheim in Jerusalem. Es folgte das Diplom-Theologie- und Lehramtsstudium (katholische Religionslehre, Englisch) an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, wobei Buß 2001/2002 ein Auslandsstudium an der Hebräischen Universität Jerusalem mit den Schwerpunkten Judaistik und Philosophie absolvierte. Zur Promotion ging es an die Universität Erfurt und an die Karlsuniversität Prag, wo er über den damals dort wirkenden Prof. Dr. Albert-Peter Rethmann mit der Ackermann-Gemeinde in Kontakt kam. Buß’ berufliche Laufbahn begann als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Weltkirche und Mission, das an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt/Main angesiedelt ist. Von 2012 bis 2013 war er Lehrstuhlvertreter für das Fach Missionswissenschaft und außereuropäische Theologien an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, von 2013 bis 2015 Referent für Missionsfragen, interreligiösen Dialog und Afrika im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn. 2015 bis 2020 wirkte Buß erneut in Israel. Zunächst bis 2019 als Postdoktorand an der Martin Buber Society of Fellows in the Humanities and Social Sciences (Hebräische Universität Jerusalem) sowie bis 2020 als Akademischer Direktor am Bat Kol Christian Center for Jewish Studies (Kloster Ratisbonne, Jerusalem). Von 2020 bis 2021 war er Wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Abrahamitische Religionen mit Schwerpunkt Islam und interreligiöser Dialog (Theologische Fakultät Trier), seit 2021 ist er Professor für Katholische Theologie, Anthropologie, Ethik und Soziallehre an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Paderborn.

Er wolle „sensibilisieren für die bunte religiöse Landschaft in Israel und Palästina“, gab Buß einleitend als grundlegende Motivation für seinen Vortrag an, wobei er auch betonte, dass das Weihnachtsfest dort nur eine sehr geringe Minderheit betrifft. Dies bekräftigte er anhand von Zahlen: in Israel bildet die jüdische Religion mit 80 Prozent die Mehrheit, gefolgt von den Muslimen mit 14 Prozent. Die Christen machen wie die Drusen lediglich zwei Prozent aus, die Katholiken weit unter einem Prozent. Andererseits seien die Städte Jerusalem und Bethlehem für Katholiken bzw. Christen von großer Bedeutung – natürlich auch zu Weihnachten. In Palästina sind 98 Prozent Muslime (Sunniten), zwei Prozent Christen. Davon wiederum gehören 52 Prozent der griechisch-orthodoxen und 31 Prozent der römisch-katholischen Kirche an. Zu bedenken ist für Buß, dass der Status Jerusalems umstritten ist (geteilte Stadt) und Bethlehem auf palästinensischem Gebiet liegt. Was sich auch auf die Ausübung von Bräuchen an Weihnachten auswirken kann.

Arabische Christen in Israel stellen schon mal einen großen Weihnachtsbaum auf einer Mauer auf, um ihren Glauben und ihre Religion deutlich sichtbar zu machen. Andererseits organisiert die Stadt Jerusalem die Ausgabe von Weihnachtsbäumen. „Die jüdische Stadtverwaltung ist bemüht, die Christen zu unterstützen“, erklärte Buß. Näher am damaligen Geschehen sind die arabischen Christen in Palästina, d.h. in Bethlehem, wo sich die Geburtskirche befindet. Hier steht ein klassischer Weihnachtsbaum und eine von den Franziskanern aufgebaute Krippe. Selbst der Grenzwall zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten ist mit einem weihnachtlichen Graffiti versehen.

Für die deutschen Christen bietet die Dormitio-Abtei der Benediktiner auf dem Berg Zion in Jerusalem Weihnachtsgottesdienste. Hier gibt es auch den Brauch, auf einer langen Papierrolle die Namen der Personen festzuhalten, für die bei den Messfeiern gebetet werden soll. Diese Rolle wird dann in der Heiligen Nacht von Jerusalem nach Bethlehem getragen (ca. zehn Kilometer) und vor der Krippe abgelegt. „Heuer standen 84.000 Namen auf der Rolle“, berichtete Buß. Für evangelische Christen gibt es am ersten Advent in der Erlöserkirche einen Adventsbasar mit typischen deutschen Weihnachtsspeisen und
-getränken. Natürlich nehmen auch Angehörige anderer Konfessionen dieses Angebot gerne an.

Die griechisch-orthodoxen Christen feiern bekanntlich erst am 6. Januar, die armenisch-orthodoxen Christen am 18. Januar Weihnachten. „Es werden drei unterschiedliche Weihnachtsfeste mit entsprechenden Liturgien und Traditionen gefeiert. Doch für die Mehrheit spielt Weihnachten keine Bedeutung“, fasste Buß zusammen. Weihnachtsmärkte seien für die Bevölkerung interessant, ebenso christliche Weihnachtslieder, weshalb viele jüdische Einwohner von Kirche zu Kirche ziehen, um die Weihnachtsmusik zu genießen. Aus diesem Grund wird die Christmette zu später Stunde am Heiligen Abend nur intern in der Gemeinde bekanntgegeben. Andererseits fällt auch das jüdische Chanukka-Fest in diese Zeit – ebenfalls verbunden mit Kerzenlicht und süßen Speisen (Krapfen). Mit einem Bild aus Haifa, wo zur Weihnachtszeit ein Weihnachtsbaum, der Davidstern und ein islamischer Halbmond nebeneinander aufgestellt sind und damit die drei Religionen in eine Eintracht gebracht werden, schloss Buß seinen Vortrag.

Die Diskussionsbeiträge beinhalteten die Verbreitung europäischer bzw. amerikanischer Weihnachtstraditionen (Weihnachtsmann, Tannenbaum, rote Mützen usw.) auch in diesen Regionen, die Bedeutung Jesu im Islam und die Rolle des Christentums dort. Buß bestätigte, dass die Tannenbaumtradition auch in Israel und Palästina verbreitet ist. Die Geburtsgeschichte Jesu sei zwar auch im Koran festgehalten, die Religionen trenne aber, so Buß, der Gedanke der Inkarnation, dass Jesus Gott und Mensch zugleich ist. „Es gibt keine Bekämpfung des Christentums, keinen Kreuzzug gegen das Christentum“, stellte der Referent fest und rückte die Funktion des Brückenschlagens durch die Christen in den Mittelpunkt, die Kooperation mit den anderen Religionen.

Markus Bauer

Ein Teil der Interessenten an der Januar-Zoomveranstaltung zum Thema „Weihnachten im Heiligen Land“.
An der Diskussion beteiligte sich auch Armin Neugebauer.
Prof. Dr. Gregor Buß bei seinem Vortrag.