Sonnberg | Žumberk

Wo aus Interesse Verständnis, aus Toleranz Sympathie wurde

Sonnberg/Žumberk liegt in Südböh­men/Tschechien, ca. 30 km südlich von Budweis/České Budějovice in einem ehemals von Deutschen be­wohnten Grenzgebiet zu Oberöster­reich. Wehrtürme und Mauern aus der frühen Neuzeit, ein Herrenhaus aus der Renaissance und eine spät­gotische Kirche bilden den Kern die­ses Ortes - ein wunderschönes En­semble, das von Anlage, Architektur und Kunstdenkmalen her in der Re­gion seinesgleichen sucht. Dabei schien nach 1945 das Ende Sonn­bergs bereits besiegelt. Jahrzehnte lang vernachlässigt, wurden Herren­haus und Wehranlage erst in den 1970er und 1990er Jahren von staatlicher Seite grundlegend restau­riert - bis auf die alte trutzige Kirche in der Ortsmitte, die weiterhin dem Verfall preisgegeben war. Diese Kir­che, St. Johannes der Täufer, 1332 erstmalig urkundlich erwähnt, galt es, vor dem Untergang zu retten und so zu beweisen, dass knapp 60 Jah­re nach Kriegsende ein Neuanfang möglich ist.

Im Jahr 2004 traf sich vor Ort eine kleine Gruppe deutscher und tsche­chischer Idealisten mit dem Bürger­meister und dem Pfarrer des heuti­gen Sonnberg/Žumberk, um durch den Wiederaufbau eine Stätte des Gedenkens und der Begegnung zu schaffen. 2005 wurden ein Förder­verein gegründet, private Spenden angeworben und bescheidene bauli­che Schritte eingeleitet. Von den Ge­samtkosten der Sanierung (ca. 400.000 €) nicht entmutigt, wurden prominente und potente Unterstützer aus Deutschland, Österreich und Tschechien mit "ins Boot geholt“. Tschechisches Kulturministerium, Deutsch-Tschechischer Zukunfts­fonds, Kreis Budweis und Europäi­sche Union gaben Zuschüsse, Ober­österreich, die neue "Heimatgemein­de" Sohors/Žár, das Bistum Augs­burg und der Verein ‚Glaube und Heimat‘ beteiligen sich mit Dotatio­nen an den Kosten der Sanierung. Die Initiative entwickelte sich im Sin­ne der gemeinsamen Sache weiter: Durch die Arbeit am Projekt wandel­ten sich die ersten losen, eher ge­schäftlichen Beziehungen zwischen Tschechen und Deutschen zu ernst­haften, um konkrete Ergebnisse be­mühten persönlichen Kontakten. Aus Interesse wurde Verständnis, aus Toleranz Sympathie, Freundschaf­ten entstanden. Jährliche Mitglieder­versammlungen mutierten zu deutsch-tschechischen Begegnun­gen. Plötzlich öffneten sich auf allen Ebenen Türen, und es kamen Hilfe und Zuspruch von Institutionen und Personen, von denen man es nicht erwartet hätte. So gelang es in den Folgejahren, mit dem Bistum Bud­weis als Eigentümer des Bauwerks die Restaurierungsarbeiten zügig fortzuführen und 2013 erfolgreich abzuschließen.

Am 5. Oktober 2013 konnte die Sa­nierung des Baudenkmals und das Jubiläum „500 Jahre St. Johannes d. T.“ in Sonnberg mit Wiedereinwei­hung und Festgottesdienst unter Lei­tung des Bischofs von Budweis, Msgr. Jiří Pad'our, gefeiert werden.  Die deutsch-tschechischen Begeg­nungen sind schon zur Tradition ge­worden. Und das "Sonnberger Pro­jekt" animierte auch andere deutsch-tschechische Gruppen, Initiative zu ergreifen. Viele Gruppen besuchen die Kirche in Sonnberg - nicht nur wegen der gotischen Architektur und der wertvollen Fresken. Vielleicht auch, weil diese Kirche symbolhaft für den festen Willen steht, alte Grä­ben zu überwinden und eine ge­meinsame Zukunft zu gestalten.

 

Ernst Wohlschläger/ag

 

Dieser Beitrag ist erschienen in der Zeitschrift  "Der Ackermann", Heft 2-2014

Festgottesdienst zur Wiedereinweihung