Maria Stock | Skoky

Wallfahrt im Wandel

Seit 1738 pilgerten vor allem Deutsche aus dem Duppauer Gebirge und dem Tepler Hochland zu Mariä Heimsuchung in die östlich von Karlsbad/Karlovy Vary gelegene Wallfahrtskirche von Maria Stock/Skoky. In der prächtigen Barockkirche verehrten sie das Gnadenbild „Maria Hilf“. Bis zu 40.000 Pilger nahmen im 18. Jh. an diesen Wallfahrten teil. Erst durch die Vertreibung wurde diese Tradition jäh unterbrochen.

Da die Kirche Orientierungspunkt für das Militär war, überdauerte sie die kommunistische Zeit. Sie wurde sogar 1958 zum Kulturdenkmal erklärt. Tschechen nahmen die Tradition auf, am ersten Sonntag im Juli das Patrozinium zu feiern. Ab 1981 bemühte sich die Ackermann-Gemeinde, jährlich mit einem Bus - als Touristen getarnt - hinüberzufahren. Die Möglichkeiten der Begegnung waren unter staatlicher Aufsicht sehr beschränkt.

Nach der Wende glaubte man neue, unbegrenzte Möglichkeiten zu erhalten. Viele ehemalige Bewohner kamen nach Maria Stock, dominierten die Wallfahrt und verdrängten fast die tschechischen Wallfahrer. Die jährlichen Sommerlager der Jungen Aktion Würzburg mit „Rytmika Šumperk“ konnten nicht verhindern, dass von Jahr zu Jahr die Wallfahrtskirche mehr und mehr ausgeraubt und zerstört wurde. So war es für Bischof Radkovský nur logisch, die Kirche zuzumauern, um weitere Zerstörungen zu unterbinden. Zuvor hatte die Jugend noch versucht die Kirche künstlerisch aufzuwerten, Kunstwerke, die heute noch zu sehen sind. Das Ende der Zerstörungen war damit aber noch nicht erreicht. Im Herbst 2006 sägten drei junge Männer die beiden Kuppeln des Daches ab, um das Kupferdach zu stehlen. Einer von ihnen stürzte dabei vom Turm knapp 30 Meter in die Tiefe und verletzte sich schwer.

Ein Lichtstreif erschien am Himmel, als durch Jiři Schierl und Richard Šulko die Wallfahrt wiederbelebt wurde. Der Bürgerverein „Unter einem Dach“ (Pod střechou) hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kulturdenkmäler in der Karlsbader Gegend zu erhalten und zu erneuern. Von Jahr zu Jahr kamen erst Tschechen, aber mit den Deutschen kehrten auch wir nach 2005 wieder zurück. So machen wir uns aus Würzburg jährlich mindestens einmal mit einigen Autos auf den Weg nach Maria Stock. Mit dem Stocker Pfad/Skokovská stezka wurde 2009 ein alter dreitägiger Wallfahrtsweg von Stift Tepl nach Maria Stock erstmals wieder begangen. Zu den zwei großen deutsch-tschechischen Versöhnungswallfahrtstagen am 1. Mai und Anfang Juli mit Abt Zdeněk Filip Lobkowitz OPraem kommen monatliche Gottesdienste mit P. Vladimír Slámečka aus Prag und zahlreiche Konzerte über das ganze Jahr verteilt hinzu. In den Sommermonaten herrscht reges Treiben um die Wallfahrtskirche. Verschiedene Gruppen haben es sich zur Aufgabe gemacht, das Gelände um die Kirche zu beleben. Sogar Kirchenführungen werden angeboten. Mag auch der bauliche Zustand der Kirche sehr im Argen liegen, so ist doch geistig-geistliches Leben an diesen heiligen Ort zurückgekehrt.

Hans-Peter Dörr

Dieser Beitrag ist erschienen in der Zeitschrift  "Der Ackermann", Heft 1-2016

Maria Stock