Straschin/Strašín

Vor etwa zehn Jahren besuchte ich auf Anregung von Johanna von Herzogenberg den mir bis dahin völlig unbekannten Marienwallfahrtsort Strašín. Er liegt zu Füßen der nördlichsten Ausläufer des Böhmerwalds, acht Kilometer von Bergreichenstein/Kašperské hory und 17 Kilometer von Schüttenhofen/Sušice ent­fernt.

Die „bewegte“ Kirche von Straschin/Strašín

Die Kirche machte einen ver­wahrlosten Eindruck, der Außenputz blätterte ab, im Innenraum deutete der damalige Pfarrer Milan Píša auf kleine Staubhäufchen, Hinterlassenschaften des Holzwurms. Trotzdem war der Eindruck hinreißend, der Kirchenbau und seine Um­gebung waren entzückend und es war spürbar, dass es ein besonderer Ort ist.

Als hier vor langer Zeit die Kirche entstand, geschah es, dass das begonnene Bauwerk auf unerklärliche Weise auf den Hügel Hůrka versetzt wurde. Tage später füllte sich das Tal mit dichtem Nebel, heftiger Wind kam auf und mit lautem Donnerschlag öffnete sich der Himmel und offenbarte, wer hier am Werk war: Es war die Jungfrau Maria, die eigenhändig die Bausteine an den anderen Ort versetzte.

Dank dem Eingreifen der Muttergottes bietet sich noch heute den Besuchern der Wallfahrtskirche Strašín, die sich von Nordosten dem Ort nähern, ein bezaubernder Anblick: Von hohen Bergen umgeben sieht man die Kirche auf einem steil aufragenden Felsen im Tal liegen.

Auch um diesen Felsen rankt sich eine Legende. Einem frommen Einsiedler erschien die Jungfrau Maria mit dem heiligen Kind im Arm. Mit den Fingern drückte sie eine Mulde in den Felsen, der ein Quell entsprang, dessen Wasser sich alsbald als heilkräftig erwies. Seitdem wallfahrten die Menschen an diesen heiligen Ort zur „Felsenmadonna“.

Vom neuen Friedhof unterhalb des Hügels erreicht man über eine Allee den umfriedeten einstigen Gottesacker, innerhalb dessen die farbenprächtige Kirche steht. Beim Betreten des Geländes hat man die Rückseite der Kirche vor sich, die mit einem blinden Portal versehen ist. Durch den Haupteingang an der Westseite betritt man eine dreischiffige Halle. Auf dem barocken Hochaltar prangt die Statue der Maria mit dem Kind. Es handelt sich jedoch nicht um die originale hölzerne, vergoldete, 1,10 Meter hohe Marienstatue, diese wurde im Jahr 1990 entwendet.

Dem Eingang vorgelagert ist eine Felsenterrasse, auf der ein weiteres Marienbild, das von einem niedrigen Mäuer­chen umgeben ist, den Felsen mit dem Fingerabdruck der Muttergottes markiert.

Ihr heutiges Aussehen erhielt die Kirche zwischen 1736–1739, als Pfarrer Tomáš Vaněk sie barockisieren ließ. Ihre erste schriftliche Erwähnung reicht jedoch bis in das Jahr 1254 zurück. Belegt ist auch ein aufwendiger Umbau 1443 durch Puta Svihovsky, Herr auf Burg Rabi.

Um 1578 war Martin Strakonitzky Pfarrer auf Strašín. Er galt als Heiliger und Prophet und zog als Missionar von Dorf zu Dorf, um die von der hussitischen Lehre beeinflussten Einwohner zum katholischen Glauben zurückzuführen.  Von 1970 bis 1995 war František Daniel Merth Pfarrer in Strašín, der auch als Dichter bekannt ist.

Ich war überrascht und dankbar, als ich Ende August wieder hinkam, zu sehen, dass die Kirche teilweise eingerüstet ist und an einem Teil der Rückfront das auffällige Rot aufgefrischt wurde.

Möge nicht nur unser finanzieller Beitrag zur Auferstehung dieses Marienortes beitragen!

Anna Knechtel

Hier ein Eindruck auch vom Inneren der Kirche: http://youtu.be/a-gS_XuFYy0