Tuschkau/Tuškov

Die Stadt Tuschkau/Touškov ist eine Gemeinde mit etwa 2.000 Einwohnern. Ganz im Osten des ehemaligen Bezirks Mies/Stříbro nur 17 Kilometer vom Stadtzentrum von Pilsen/Plzeň entfernt, war sie bis 1945 trotz der unmittelbaren Nähe zur Sprachgrenze überwiegend deutsch besiedelt.

Die deutschen Bewohner wurden, wie nahezu alle Deutschen aus den böhmischen Ländern, nach Kriegsende enteignet und vertrieben. Danach fand in der Gemeinde aber eine Entwicklung statt, die in den ehemals deutsch besiedelten Gebieten wohl eher selten anzutreffen ist: Während anderswo über Jahrzehnte hinweg konsequent alle Spuren der früheren Bewohner getilgt worden sind, hat sich in Tuschkau ein Klima der Toleranz und des Miteinanders durchgehend erhalten.

Besonders deutlich wird diese Besonderheit beim Besuch des städtischen Friedhofs. In der kommunistischen Zeit ist er zwar verkommen und verwildert, aber es wurden keine deutschen Gräber entfernt. Alle deutschen Grabmäler, die nicht dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen sind, ste

stehen weiter an ihrem Platz. Die heutigen tschechischen Tuschkauer bestatten ihre Toten zwischen den alten deutschen Grabstätten, so dass im Laufe der Jahrzehnte ein eng verzahntes Miteinander deutscher und tschechischer Gräber entstanden ist.

Sowohl die politische Gemeinde als auch die Pfarrei St. Johannes der Täufer haben seit der Wende einen engen Kontakt mit den ehemaligen deutschen Bewohnern gesucht und gepflegt. Sichtbarer Ausdruck war die jährliche Reise vieler deutscher Tuschkauer zur Johannis-Kirchweih am 22. Juni. Mit dem Tod der Heimatortsbetreuerin Helga Schlenz und dem Desinteresse des zuständigen Heimatkreises Mies-Pilsen an einer Nachbesetzung sowie generell an Kontakten nach Tschechien sind diese Verbindungen von deutscher Seite jedoch eingeschlafen.

Umso aktiver sind die tschechischen Tuschkauer. Der 2019 gegründete Bürgerverein „Náš Touškov“ (Unser Tuschkau) knüpft an die Tradition der Wertschätzung der deutschen Wurzeln der Stadt an. Neben vielen Aktivitäten zur Stärkung der Bürgergemeinschaft hat er eine Spendenaktion zur Wiederbeschaffung einer Glocke für die Stadtpfarrkirche, die während des 1. Weltkriegs konfisziert und eingeschmolzen worden war, ins Leben gerufen.

1926 war ein erster Versuch, die Glocke zu ersetzen, an mangelnder Spendenbereitschaft gescheitert. Was die deutschen Einwohner damals nicht geschafft haben, ist den heutigen tschechischen Tuschkauern gelungen. Großzügige Zuwendungen von Region und Nachbargemeinden, aber auch die Spenden von tschechischen und deutschen Tuschkauern haben es ermöglicht, dass am diesjährigen Wenzelstag die neue Glocke mit einem großen Volksfest und einem Pontifikalgottesdienst mit Bischof Tomáš Holub in Empfang genommen werden konnte.

Christoph Lippert